Page images
PDF
EPUB

+

Religion der Schönheit aber nicht die des reines Herzens), was selbst in der Indisch - Persischen, besonders in lehterer so bedeutend erscheint; daher auch so manche unsittliche Göttergeschichte und der Mangel des Glaubens an eine sittliche Weltordnung, folglich auch keine sittliche Erhebung. Mag Schiller daher auch behaupten: „Da die Götter menschlicher noch waren, waren Menschen göttlicher," so läßt sich dagegen vielmehr mit Cicero von Homer sagen: „Homer hat Menschliches auf die Götter übertragen, hätte er doch lieber Göttliches auf die Menschen!» Der Griechischen Religion fehlt die Idee der göttlichen Heilig keit und Liebe, die Einheit des Göttlichen überhaupt, die Einwirkung Gottes auf die innere sittliche Reinigung des Willens und das Gefühl der Abhängigkeit von Gott, dem gegenüber ist das Gefühl der Freiheit und Selbstständigkeit der menschlichen Natur zu stark erhoben, und die Götter find zu wenig über ihn gestellt worden. Die Idee des Schicksals, wenn auch dunkle Ahnung einer sittlichen und gerechten Weltordnung, kann sich eben so wenig mit der Christlichen Lehre vom Reiche Gottes und der allwaltenden Vorsehung messen, als die UnsterblichkeitsIdee der Weisen und der düstere Hades des Volks mit der Christlichen Lehre von einem ewigen, vergeltenden Leben. Und endlich war das Gute, was diese Religionen enthielten, nicht in Geist und Herz des Volks übergegangen, sondern in den Mysterien der Priester und den philosophischen Schulen der Gelehrten geblieben.

§. 72. Das Christenthum erscheint in seiner hohen Würde als die vollendetste Offenbarung und das vollkommenste Erzie hungsmittel des Menschengeschlechts. Diese Ansicht einer Urs Offenbarung gefährdet weder den Glauben an die Chriftliche Offenbarung, noch nöthigt sie zur Annahme eines beständigen Rückschrittes der Menschheit. Ist der reinere Monotheismus die ursprüngliche Religionsform, und muß zugegeben werden, daß trop einzelner Lichtpunkte, welche sich in den Systemen der

späteren Völker finden, in ihnen ein Rückschritt nicht zu vers kennen ist, so könnte daraus der trostlose Glaube an eine stets zunehmende Verschlechterung und eine immer größere Ents fremdung von Gott gerechtfertigt erscheinen, der eben darum, weil ihm alle Erhebung des menschlichen Gemüthes fehlt und er der Geschichte widerspricht, zur entgegengeseßten Ansicht eines ursprünglich rohen, thierischen Zustandes zu nöthigen scheint. Aber der Mensch ist ein freies Geschöpf; nur in freien Strómen konnte sich die aus der Urquelle geschöpfte Erleuchtung und höhere Erkenntniß über die folgenden Generationen verbreiten; er konnte also auch die ursprünglich ihm verliehene Gabe mißbrauchen, das Licht, was ihm aufgegangen war, konnte sich verdunkeln, die Form konnte für das Wesen, das Symbol für die Sache genommen, die alte Ueberlieferung konnte mit Dichtungen und Fabeln überdeckt, und den göttlichen Wahrheiten auch unfittliche Mysterien und bacchantische Gebräuche beigemischt und die Wahrheit in Symbolen und Bildern bei dem Volke ertränkt werden. Zeigt sich doch auch im geistigen, sittlichen und religiösen Leben der Völker wie der einzelnen Menschen Ebbe und Fluth, Rück- und Fortschritte. So machte der reis nere Mosaismus einen Rückschritt im Pharifáismus und Rabs binismus, das Christenthum während des Mittelalters in den Romanismus. Wo aber eine solche Verdunkelung sich zeigt, da ließ es die Vorsehung (und damit stimmen die biblischen Lehren von einem lebendigen Gott und der biblische Glaube an einen allwaltenden Erzieher des Menschengeschlechts überein) nicht an Männern fehlen, welche auf natürliche oder außers ordentliche Weise, zur Erhaltung der wahren Religion und zur Bersittlichung der Menschen berufen wurden, dort Fohi und Confucius, Hom und Zoroaster, Pythagoras und Plato, hier Abraham und Moses, bei denen die Ausschließung der heidnis schen Dichtungen und aller damit verbundenen Unsittlichkeiten das erste und wesentlichste Streben war. Endlich trat das

Christenthum mit neuer göttlicher Kraft auf, als die reinste Gottesverchrung, nicht blos als eine Verbesserung des Judenthums oder Heidenthums, oder als Zurückführung zur Ur Offenbarung (Reformation), sondern als eine Vollendung und vollkommene Enthüllung dessen, was allerdings in der Vorzeit vorbereitet war. (Hebr. 1.) Der Ursprung dieser Religion ist nicht erklärbar aus dem, was vorher vorhanden war, weder ihre Reinheit noch ihre größere Wirksamkeit. Mag man darüber streiten, wie und inwiefern sie göttlichen Ursprungs ist; fie trågt in sich selbst ein inneres Kennzeichen ihrer Göttlichkeit, wie keine andere. (Ich verweise für die weitere Erörterung auf Stirm's Apologie des Christenthums und Sack's Apologetik 2c.)

In keiner Religion ist die Idee des Reiches Gottes, als ein Inneres, als eine Heiligung der Gesinnung so entschieden ausgesprochen, die Verehrung des einigen wahren Gottes im Geiste und in der Wahrheit so nachdrücklich gefordert, feine hat über das Wesen Gottes und sein Verhältniß zur Welt, über die Natur der Sünde und die Mittel zur Versöhnung mit Gott, über Unsterblichkeit und Vergeltung ein so befriedigendes Licht verbreitet, die Bedingungen, unter welchen wir zum Heile gelangen können, die Pflichten, welche wir zu erfüllen haben, die Beweggründe, welche uns dazu antreiben sollen, in solcher Klarheit, Einfachheit und Reinheit aufgestellt; keine hat die äußere Gottes-Verehrung mit der innern, die Sorge für das geistige Heil mit dem Streben nach den äußeren Dingen, das Trachten nach dem Himmel mit der Rücksicht auf gemeinnügige Thätigkeit auf Erden 2c., in ein so richtiges Verhältniß geseßt, dem Geist so viel Licht, dem Willen so viel Kraft, dem Herzen so viel Beruhigung gegeben, die ganze Menschheit, alle Stände und alle Völker so liebend umfaßt und zur Liebe geführet, und da durch so wohlthätige Wirkungen auf Sitten und Eultur hervors gebracht, als das Christenthum, daß wir seine Erscheinung als

die wichtigste und folgenreichste Begebenheit (werth die Weltgeschichte in zwei Theile zu theilen) betrachten können, die jes mals auf Erden statt fand.

99

Es wandelt ein Geist durch die Weltgeschichte (f. Wags ner's Ideen), der mit Verachtung das isolirt Sinnliche von sich stößt, und nicht will, daß die Idee im Bilde untergehe; ein Geist, der den männlichen Kampf in der eignen Brust ehrt und den Sieg heiligt, aber zugleich über den Kampf und den Sieg erhebt, und den Cerimonien - Dienst wegwirft, in welchem der Zuruf an den Kämpfer durch ewige Wiederholung feelenlos wird; ein Geist, der einmal in irdischer Gestalt Worte des Lebens sprach, in Demuth wandelte, und in Hohheit des Göttlichen lebte, seiner Zeit unterlag, durch sein Wort aber über alle Zeiten siegte, weil er das, was ewig ist, aussprach: diesem Geiste ihn hat auch die Nachwelt wieder in Fesseln zu schlagen gesucht, und ihn verbunden mit dem, was er von sich stieß - gebührt allein die Huldigung der Menschheit!»

[merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][ocr errors][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][ocr errors]
« PreviousContinue »