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Alterthümer, neuer und alter, europäischer und frem: der Völker zu ergründen, håtte fortgefahren, sie sorg: fältig zu sammlen und zu erklåren, die eigenen, teutschen, wären aber unwiederbringlich dem Staube, der Vergessenheit und der Zerstörung in dem' hereins brechenden, das heilige, tausendjährige teutsche Reich aus seinen Fugen reißenden, und auch teutsche Sitte, Sprache und Literatur bedrohenden Sturme, anheim gefallen.

Doch dem sollte nicht also seyn. So wie die erste Wiederbelebung des Studiums der vaterländischen Alterthümer, um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, durch zwey wetteifernde Schulen entstanden war, so erweiterten auch wieder zwey wetteifernde Schulen, bald nach Anbeginn des neunzehnten Jahr: hunderts die teutsche Alterthumskunde, und führten diese aus den einsamen Zimmern der Gelehrten, in des teutschen Volkes fröhliche Kreise zurück.

Nachdem von Arnim und Brentano, durch den Reichthum ihrer, wenn gleich mit frevelhafter Willkühr behandelten, doch vielleicht eben dadurch desto allgemeiner zugänglichen Sammlung von Volkslie dern, aller Augen wieder auf diese gelenkt hatten, tras ten die Gebrüder Grimm mit ihrer gelehrten und geistreichen Behandlungsweise, ålterer teutscher und fremder Volks: und gelehrten Dichtung hervor. Eine Behandlungsweise, welche der scharfsinnige und

gelehrte Görres, in seiner Schrift über die Volks: bücher bis aufs Höchste gesteigert hat.

Fast gleichzeitig mit dieser Schule hatte auch von der Hagen seine erste Umteutschung der Nibelungen in eine, der unsrigen nåher kommende Sprechart, bekannt gemacht. Bald darauf verband er sich mit Büsching, Docen und andren, und die Samm: lungen der Volkslieder, der teutschen Gedichte, des Heldenbuchs, der Volksmåhrchen, Sagen, Fastnachtsspiele u. s. w., und die verschiedenen, von ihnen herausgegebenen Zeitschriften, trugen sämmtlich erst dazu bey, teutsche Sprach: und Alterthumskunde, zu verbreiten und zu verallgemeinern.

Neben diesen beyden Schulen waren aber auch noch Beneke, Bruns, Eschenburg, Nasser, Rühs, A. W. Schlegel, Aretin, Hofståtter, Radlof, Glikle, Arndt, Goldmann, Bez neken und andre gelehrte und würdige Männer, durch mündliche und schriftliche Lehre, für diese Wissenschaft thätig, welche sich in unseren Tagen nicht nur durch alle Landschaften und Städte Teutschlands verbreitet hat, sondern auch vornåhmlich, mit der der verwandten, nordischen Völker, in Berührung getre ten ist, und auch bereits auf unsre Dichtung, einen belebenden, günstigen Einfluß und Rückwirkung, geäußert hat.

Es wäre demnach, um den Zustand der alter:

thümlichen Dichtungskunde, und ihre Rückwirkung auf die neuere Dichtung bey den germanischen Völkern, in Kurzem zusammenzufassen, deren Lage, wie wir schon oben andeuteten, etwà folgende. In Teutschland, Dänemark und Schweden, (wenn gleich im letz ten Lande noch im schweren Kampfe mit einer franzö · Felnden Parthey) blühend, und reges, wirksamës Leben verbreitend. In dem britischen Inselreiche, nicht minder geübt und geehrt, und bereits heilsam auf die neuere. Dichtung hinüberwirkend. In Italien, Spanien, Portugall, Holland, Niederland und Frankreich, in derselben Ordnung in der wir diese Lånder genannt haben, an Leben und Wirksamkeit abnehmend, um im lekgenannten Lande fast ganz erloschen, höchstens als Sonderbarkeit und Merkwürdigkeit getrieben zu werden.

Nachdem wir nun bis hierher von der Aufeinanderfolge der Zeit, welche der gegenwärtige Versuch zusammenfaßt, gehandelt haben, bleibt uns nur noch übrig von der Ausdehnung des Erdraumes zu reden, über den sich derselbe verbreitet. Statt nähmlich die verschiedenen. Zweige, in welche sich der germanische Stamm nach und nach verästelt hat, in dieser ihrer verschiedenen, nicht immer mit Gewißheit und unbe stritten darzulegenden Abstammung zu verfolgen, schien. es hier gerathener, die noch vorhandenen Spuren des selben, in den verschiedenen Ländern und Reichen der

alten, ja sogar der neuen Welt, aufzusuchen, und nach seinem gegenwärtigen Zustände in dieser, zu betrachten. Denn freylich sind die Umformungen, welche die Sprachen des germanischen Stammes, durch Bey; mischung andrer, theils besiegter, theils sich mit ihnen. verbindender, sprachverwandter, oder auch ganz frem der Völker, vornähmlich außerhalb Deutschlands erlitten haben, oft so groß gewesen, daß es Mühe kostet deren urs Ringliche Abstammung wieder zu erkennen. Eine Mühe, welche indeß durch den dem Blicke des Forschers sich dann erst recht entfaltenden Reichthum, die Fülle und die Bildsamkeit, dieser unserer Sprache, reichlich vergolten wird, die eine würdige Tochter der ersten und edelsten Fleischwerdung des inneren, denken: den Geistes, im äußeren, tönenden Worte, nähmlich der indischen, oder genauer zu reden, der Sanskrit: Sprache ist. Diese unläugbare indische Abstammung, wenn gleich oft behauptet, doch noch nicht an der Sprachlehre erwiesen und durchgeführt, geht auf diese Weise zuerst klar und unwiderleglich aus dem ersten, vielversprechenden Werke, eines teutschen Junglings, (Franz Bopp über das Conjugations: System der Sanskritsprache. Frankfurt a. M., Andreå, 816, 8.) hervor, der das Wesen und den Geist der indischen Sprache, ahndete und aussprach, wie mit Ausnahme von Sir William Jones, keiner der vielerfahrnen, vielgelehrten und

mit allen Hülfsmitteln reichlich versehenen Engländer und englischen Nabobs. *)

Indem nun aber der Verf. die germanischen Spröße linge nach der Folge der europäischen Reiche, die sie gestiftet, und in denen sie sich angesiedelt haben, aufzählte, konnte er weder umhin, noch mochte er sich das Vergnügen versagen, auch die andren in den nåhmlichen Reichen wohnenden Stammvölker, als die Galen, Kymren, Kelten, Wasken u. f. w. am gehö: rigen Orte, nach ihrer Sprache und Literatur durchzu

*) Zur Bewährung des eben gesagten, erlauben wir uns, fols gende Stelle aus einem Aufsaße des verdienftvollen und ges lehrten Sprachforschers Rüdiger hier anzuführen. „Da nur, wo die gefallenen Wasserfluthen zuerst trocknes Land entdeckten, und wo ewiger Wachsthum der Palmen und ..andrer schönen Früchte, dem neu geschaffenen, und in allen .. fpåter erfundenen Künften des Landbaus unerfahrnen Mens ..schen, beständigen Genuß, und Unterhalt darbst, konnte er

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gedeihen, und nur erst ganz allmählich in niedri«ere Thåler , und Fältere Himmelsßtriche hinabrücken und den Erdboden ,,bevölkern. Da entstand denn auch die erste Sprache, und „von da hat sie sich, besonders gegen Abend, über ganz Eu„ropa bis gegen Portugal und Irland verbreitet. So gehören „zu ihren Töchtern, 12 Jndische, 7 Medisch- Persische, 2 .. Arnautisch Albanische, 7 Griechische, 18 Lateinische, 14 ..Slavische, 18 Gothisch-Teutsche und 6 Keltisch- Galische „Sprachen und Mundarten; und man kann deren überhaupt ..wohl hundert rechnen."

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S. G. C. Knapp's Neuere Geschichte der Evangelischen Missionsanstalten in Ostindien, 66ftes Stück. Halle, Wais fonhaus, 1816, S. 528 u. 29.

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