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STAATSWISSENSCHAFTEN. BERLIN, b. Duncker u. Humblot: Ueber die Staats wissenschaft. Von Friedrick Ancillon u. f. w.. (Befchluss der im vorigen Stück abgebrochenen Recenfion.)

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as in dem letzten Abschnitte über die bewegenden Principien des Staats gefagt wird, fcheint uns dem gröfsten Theile nach des allgemei. nen Beyfalls würdig. Nur was der Vf. S. 171 über das Verhältnifs der Kirche zum Staate bestimmt, möchte leicht dem Mifsverstande ausgesetzt feyn.Wenn, wie S. 174 richtig bemerkt wird, das Reich der Kirche nicht von diefer Welt ift, wozu foll fie dann eine äufsere, vom Staate unabhängige Organifation baben? Die Kirchen follen Tugend und Religion durch Lehre und Ueberzeugung befördern. Die äufseren Mittel zu diefem Zwecke, alfo auch die Kirchen, können unendlich verfchieden feyn. Der Staat foll fich diefe Mittel in vollkommener Freyheit entwickeln laffen, in wiefern fie nur die Möglichkeit diefer Tendenz behalten. So bald aber Eine Kirche behauptete, dafs ihre Form den einzigen. Weg, zur Tugend und zur Religion zu gelangen, enthielte, und andere zwingend nöthigen wollte, fich ihr anzufügen; fo wäre es Pflicht des Staats, fie in ihre Schranken zurückzuweifen und die Freyheit der Meinungen mit Gewalt gegen fie aufrecht zu erhalten. Von diefer Seite find alfo alle Kirchen der Staatsgewalt eben fo gut untergeordnet, als jede äufsere Anftalt, und das Urtheil, ob Kirchen keine zweckwidrigen, der Freyheit widerfprechende Formen haben, darf fich der Staat nie nehmen laffen. In wiefern aber die Kirchen nichts enthalten, was dem Staatszwecke widerfpricht oder die Freyheit der Glieder einengt, kann man freylich fagen, dafs der Staat fich in fie nicht zu mifchen habe. Aber er hat diefelbe Pflicht auch in Anfehung aller Privatmit tel, welche ein Individuum wählt, feine religiöfe Gefinnung und feine Tugend zu verstärken. Kirche und Staat find fo wenig Gegenfätze als Tugend und Recht. So bald man aber eine Geiftlichkeit einführen will, die, vom Staate unabhängig, die allgemein gültigen Formen und Dogmen beftimmen foll, nach welchen die überirdischen Güter erlangt werden können, ift man in Gefahr, in den craffesten Papismus zu verfallen. Der Vortheil, stehende Dogmen in Anfehen zu erhalten, ift gar nichts werth. Denn inwiefern diefe evident und wahr find, erhalten fie fich durch ihre eigne Kraft, in wiefern es aber willkürliche Sätze find, Sätze, die mit der Moralität keinen Zufammenhang haben, ist nichts an ihnen gelegen,

ZEITUNG

und die Bemühung, fic dennoch zu erhalten, ift nichts als Geiftesdespotismus, macht die Vernunft irre, indem fie ihren Nachforschungen ein falfches Ziel anweiset, und führt zur Heucheley und Falfchheit. Alle kirchliche Einrichtungen haben also im Staate nur eine fubordinirte Stelle. Nicht der Priefterfchaft gebührt das Urtheil, ob fie der Freyheit Abbruch thun oder nicht, fondern dem Staate, der daher ihre Formen vernichtet, fo bald er urtheilt, dafs fie gegen anders denkende in Tyranney ausarten oder dafs he der Freyheit des Geiftes widerfprechen, und der die Priester mit feiner Macht in Schranken hält, fo bald fie andere Mittel zur Befferung und Moralifirung der Menfchen anwenden wollen, als die Kraft der Lehre und des eignen guten Lebenswandels. Es ift mit einer Religion schlecht beftellt, wenn fie Patrimonia und Prälaten zu ihrer Erhaltung bedarf.

LEIPZIG, b. Achenwall u. C.: Der deutsche Geiftesarifiokratismus. Ein Beytrag zur Charakteristik des zeitigen politifchen Geiftes in Deutschland, von Dr. S. Afcher. 1819. 69 S. 8.

Die Abficht diefer kleinen Schrift ift, zu zeigen, dafs die überfpannten Anfoderungen, welche die Deutschthümler und die Pietiften der proteftantifchen Kirche an das deutfche Volk machen, der herrschenden Gefinnung deffelben ganz entgegen find, und dafs deren Bestrebungen daher auch keinen Erfolg hahen werden. In fo weit hat der Vf. ganz recht; wenn er aber die Deutschthümeley als das Ergebnis der höchften geiftigen Anstrengung und als das Charakteristische der ausgezeichnetsten fpeculativen Köpfe vornehmlich auf den deutschen Hochschulen angefehen wiffen will; fo zeigt er damit eine eben fo grofse Unbekanntfchaft mit dem, was wirklich ift, als feine Behauptung von dem Dafeyn und dem Einfluffe mehrerer geheimer Verbindungen auf die Entjochung von der franzöfifchen Zwingherrschaft, Unbekanntfchaft mit dem, was war, verräth. Der Satz, dafs in keiner Nation die Idee von dem Gemüthe fo getrennt fey, wie in der deutfchen, giebt gar keinen Sinn, da ohne Gemüth keine Ideen exiftiren können, und man nur aus diefen jenes erkennt. Will aber der Vf. fagen, dafs nirgend die wiffenfchaftliche Einficht fo weit von der allgemeinen Gefinnung verfchieden fey; fo ift diefs eine fehr triviale Bemerkung. Ueberall unterfcheidet fich der gebildete Theil der Nation von dem grofsen ungebildeten Haufen; und wenn der Vf. felbft zugefteht, dass die Wissenschaft, befonders in

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ihrem allgemeinen Theile, bey keinem Volke fo weit gebracht ift, fo mufs auch in Deutschland die Einficht der Gelehrten von den Anfichten des Volks fich am merklichften unterfcheiden. Es ist aber ein fehr verkehrtes Anfinnen, dafs um deswillen die Wissenschaft von ihrer Höhe herabfteigen und fich der Unwiffenheit zugefellen folle; vielmehr muls man darauf bedacht feyn, nach und nach das Volk heraufzuziehen und daffelbe der Früchte der beffern Erkenntnifs theilhaftig zu machen. Nur dafs man behutfam und Schritt für Schritt daffelbe führe; denn das Volk ift ein wenig befonnenes Wefen, und die Wiffenfchaft eine gar fteile Leiter. Fehltritte können machen, dafs jenes mit grofsem Schaden her unterstürzt. Eben fo wenig kennt der Vf. das Wefen der Hochschulen, wenn er es tadelt, dafs man für fe eine ganz von den übrigen Gefchäftszweigen des Staats verfchiedene organifirte Verfalfung und Gefetzgebung verlangt. Eine Frau, und eine Ausländerin, Frau v. Stael, hat diefs weit beffer begriffen, als der Vf. Jedes Ding will zu feinem Gedeiben feine befondere Pflege haben, und jeder Kunftgärtner hütet fich wohl, feine Pflanzen in ein allgemeines Treibhaus zufammen zu bringen. Ueberhaupt aber ift es ganz unrichtig, dafs die Begeisterung und Kampfluft der deutschen Jugend im J. 1812 ausfchliesslich auf den Univerfitäten erzeugt worden fey. Der junge Kaufmann, Landwirth, Handwerksmann ift mit gleichem Eifer zu den Waffen geeilt, als der Student. Es würde aber eine unauslöfchliche Schande gewefen feyn, wenn die ftudirende Jugend nicht vor allen andern hätte ihren Beruf deutlich erkennen, und davon ergriffen feyn follen. Weit entfernt, dafs das aufglimmende Nationalgefühl aus fpeculativen Theoremen hervorgegangen, hat daffelbe vielmehr die elastische Natur einer jeden Kraft durch feinen Gegendruck bey erlittenem Drucke bewährt.

Gewifs ift das Ziel der Menschheit die Verwirk. lichung der allgemeinen Herrfchaft der Vernunft und durch fie die Verwifchung aller Nationalität. Auch kann man dem Vf. zugeben, dafs die Entwickelung des deutschen Volks daffelbe zum Chorführer in diefem Reigen zu heftimmen fcheint. Aber fehr irrt derfelbe, wenn er meint, durch abfichtliche Ertödtung des Nationalen dem Ziele näher zu kommen. Die Natur geht nirgends direct auf irgend ein Ziel los. Nur durch die Ausbildung des Entgegengesetzten gelangt fie zum Zwecke. Nur durch vollendete Ausbildung der Nationalität kann jedes Volk zu der Vernunftherrschaft gelangen, die das Individuelle abwirft. Rückfchritte in vergangene Jahrhunderte find freylich eben fo unangemeffen.

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ronnée par la fociété hollandaife des fciences a Harlem, au mois de Mai 1816. Traduite du Hollandais. 1819. 180 S. 8.

Der allgemein und längst bekannte Streit zwischen den Städten Mainz, Strasburg und Harlem über die Ehre der Erfindung der Buchdruckerkunft scheint durch die Unterfuchungen des Vfs. zum Vortheil Harlems entfchieden zu feyn. Die Beweisführung ift von der Art, dass, wenn fie auch nicht durchgän gig Ueberzeugung bewirkt, man doch mit Intereffe folgt, weil der Vf. feines Gegenstandes Meister ift und alles zn erfchöpfen fucht, was feinen Gründen Klarheit geben und die Zweifel entfernen kann. Er fängt damit an, dafs er darthut, das Speculum huma nae falutis fey von Lorenz Kofter nicht mit hölzernen, fondern mit bleyernen, gegoffenen Lettern gedruckt worden, weil die Lücken und Fehler einzel ner Buchstaben jedes Mal wiederkehren, was nicht bey der Holzschneidekunft, aber wohl bey der Schriftgiefserey vorkommen kann. Aber die Kunft fey noch fehr unvollkommen gewesen, daher habe man noch nicht verstanden, die Lettern in unbeweg liche Formen zu bringen die Buchstaben stehen daher öfter fchief, oder höher und tiefer. Man hatte hölzerne Formen und füllte die leeren Plätze mit Klötzchen von Holz aus. Die Druckerfchwärze ift zwar mit Leinöhl bereitet, aber diefs mufste `nicht gehörig gekocht feyn, denn es fchlägt fich grün durchs Papier. Diefs ist auch der Grund, warum die Blätter nur auf einer Seite bedruckt find. Ue brigens beweift der Vf., dafs die Schwärze nicht mit einem Pinfel, fondern mit Ballen auf die Lettern ge tragen worden. Diefe Unvollkommenheiten, wie befonders die aufserordentliche Menge von Druck fehlern in jenem Buche, beweifen, dafs daffelbe älter ift, als die Mainzer oder Strasburger Drucke, die weit forgfaltigere Correcturen und mehr Vervollkommnung der ganzen Machinerie verrathen. Durch Vergleichung der Orthographie mehrerer holländifcher Ausgaben des Speculum bringt der Vf. heraus, dafs die Ausgabe die ältefte ift, welche zu Harlem auf der öffentlichen Bibliothek, ohne Datum, aufbewahrt wird. Es ift der reine holländifche Dialect, wie er in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts gefprochen wurde. Hieraus folgt, dafs das Buch nicht, wie Santander wollte, zu Antwer pen gedruckt worden. Er unterfucht dann die Pa pierzeichen, und findet in der ältesten Ausgabe das baierfche und burgundifche Wappen. Diefs wird fo erklärt: Vor der Mitte des funfzehnten Jahrhun derts hatte man in Holland noch keine Papiermüh len; man zog das Papier aus Antwerpen (damals unter burgundifcher Herrfchaft). Das baierfche Wappen kommt von Jacqueline, der letzten Gräfin von Hennegau, aus dem Haufe Baiern, die durch Philipp den Guten 1433 ihrer Staaten beraubt wurde. Das MA beym baierfchen Wappen bedeutet Marga rethe, Mutter der Jacqueline, und Wittwe Wilhelms VI. letzten Grafen von Hennegau. Wo man

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die mit hölzernen Typen gedruckt find, wodurch es wahrscheinlich wird, dafs die gegoffenen Lettern, womit der Buchdrucker anfing, ihm auf einmal fehl ten, und er nun genöthigt war, fo lange zu hölzerAber wie ängstlich der Vf. nach Benen feine Zuflucht zu nehmen, bis wieder neue gegoffen waren. weifen jenes Raubes forfcht, fieht man daraus, dafs und er glaubt, die Boten, welche nach den Stadtregi ftern von Harlem im J. 1439 und 1440 an den Gerichtshof in Amfterdam gefchickt worden, die Conferenz der Gerichtsbeamten beider Städte, welche 1440 gehalten wurde, habe jenen Raub zum Gegenstand gehabt. Nun habe Guttenbergs Bruder, Gensfleifch der ältere, feine erfte Sorge feyn laffen, die Schriftgiefserey zu verbeffern. Statt der hölzernen Patrizen oder Bunzen, die Lorenz gebraucht, habe er zuerft kupferne angewandt, welche, in die bleyernen Matrizen gefchlagen, viel reinere Abdrü cke gegeben. Schöffer habe endlich ftählerne Bunzen und kupferne Matrizen hinzugefetzt. Die Mainzer Drucke, wie fchon Santander bemerkte, find alle viel reiner als die Harlemer, und doch fetzte fich Santander gegen die natürliche Schlufsfolge, dafs die unvollkommenen Harlemer Verfuche auf höheres Alter fchliefsen laffen. Als Ulrich Zell, fetzt der Vf. hinzu, 1499 in feiner Cöllner Chronik drucken liefs, die Anfänge der Kunft feyen von Harlem nach Mainz übergebracht worden, warum fchwieg man in Mainz, wo Schöffer noch lebte? (Diess vorgebli liche Zeugnifs ift anders zu verftehen, wie wir gleich fehen werden, Auch wiffen wir nicht, woher der Vf. die Nachricht hat, dafs Schöffer 1499 noch lebte.) Die Unterfchriften der Mainzer Drucke fagen auch blofs aus, die Kunft fey eine Adinventio, nicht Inventio von Schöffer und Fauft, und Tritheim in chron. hirfaug. bezeugt nichts anders, als Schöffer habe die Kunft zu der Vollkommenheit gebracht,,,ut nunc eft." Es wird alsdann Guttenbergs Procefs mit Dritzehns Erben in Strasburg beleuchtet, und der Vf. glaubt darin Verfuche Guttenbergs zu erkennen, die bisher in Harlem übliche Handpreffe mit der Buchdruckerpreffe zu vertaufchen. (Hier findet Rec. wieder zu bemerken, dafs, nach Oberlin, Guts tenberg in Strasburg fchon einen Donatus in Holztafeln, dann einen Donatus mit hölzernen bewegli chen Buchstaben druckte. Ift diefs noch vor 1440 gefchehen, fo fehen wir immer nicht ein, warum G., wenn er fchon die entwandten metallenen Let tern hatte, xylographifche rohe Verfuche machte. Sollte aber Guttenberg von Strasburg erft nach Har lem gegangen feyn und dort den Raub begangen ben, was fich doch nicht erweifen lässt, fo frägt fich immer noch, wer der Erfinder der Xylographie ift, deren höheres Alter fchon die Natur der Sache lehrt.) Dann geht der Vf. zu den auswärtigen, für Harlem günftigen, Zeugniffen über, unter denen er auf die Cölner Chronik ein grofses Gewicht legt. Nicht Ulrich Zell, der Buchdrucker, ift aber Ver faffer diefer Chronik, fondern Johann Koelhof. Die fer fagt: die Buchdruckerkunft fey in Mainz ver

ein P im Papier findet, welches nicht in der erften Ausgabe der Fall ift, bedeutet es eben den Philipp den Guten, der von 1430 bis 1467 über Brabant und feit 1433 r Hennegau, Holland und Seeland regierte. Allo jenes erfte Papier wäre zwischen 1428 und 1433 gemacht worden. (Gegen diefe Zeitrechnung laffen ich bedeutende Einwürfe machen. Schon 1425 ward Philipp der Gute, der Jacquelinen in Gent gefangen Bhielt, zum Regenten von Holland ernannt [Divaei rer. brab. p. 138]. Auch war Johann von Baiern, Jacquelinens Vaterbruder, Statthalter von Holland von 1418 1423. Die Papiere könnten alfo älter feyn, als fie der Vf. angiebt, und doch nichts für das höhere Alter des Drucks beweifen.) Aelter als diefe Verfuche find die xylographifchen, unter welchen nder Vf, die Apokalypfe als den älteften anführt. Von diefem giebt es etwa acht Exemplare: das Papier der F vom Vf. unterfuchten war das brabantifche. (Aber hier ift eine Lücke. Sollen die Papierforten entfcheiden, fo find die xylographifchen Verfuche nicht älter als die typographifchen mit gegoffenen Lettern: denn der Buchstabe P mit dem burgundifchen Wappen führt doch auf eben den Philipp den Guten, unter welchem fchon die gegoffenen Lettern gebraucht wurden.) Der Vf. geht nun noch mehrere der älteften Drucke durch, und kommt dann auf Lorenz, Johanns Sohn, der Kofter genannt wird, weil er Aus den KirchenregiGlöckner oder Küfter war. ftern der grofsen Kirche in Harlem beweifet der Vf., dafs Lorenz diefs damals bedeutende Amt, womit eine gewiffe Würde verbunden war, von 1421 1433 bekleidete, dafs er zugleich Echevin und Sekelmeilter der Stadt Harlem gewefen, etwa 1370 geboren und gegen 439 geftorben fey. Seine Tochter mit Thomas Peters Sohn verheirathet, hätte die Kunft fortgeerbt. (Hier find wieder zwey Verfehen. Thomas wird Lorenzens Sohn genannt. er war aber fein Schwiegerfohn, und dann heifst es: die Familie Lorenz Kofters fey 1424 ausgeftorwas offenbar ein Druckfehler ift, und vielleicht 1624 heifsen foll.) Nun kommt Hr. K. auf die Mainzer Drucke. Bekanntlich hatte Junius behauptet, die Gehülfen des Lorenz hätten feine Lettern entwandt und fich damit nach Mainz begeben, wo fie die erfte Officin angelegt. Die deutfchen Schriftfteller erklärten diefs für eine Verläumdung; der Vf. aber hält die Nachricht für wahrscheinlich, weil Junius fie nicht aus der Luft gegriffen, fondern von Cornelius dem Buchbinder, einem Zögling Lorenz Kofters, erfahren. Eine alte englifche Handfchrift erklärt ausdrücklich die Mainzer Officin für eine Tochter der Harlemer, und Breitkopf felbft (Gefch. der Erf. der Buchdruckerk. S. 45) giebt zu, dafs Guttenberg aus Harlem gekommen, oder' fich früher dort aufgehalten. Lambinet (Origin. de l'imprim. 1, 116) bemerkte fchon, dafs die Lettern in den erften Mainzer Drucken den frühern Harlemer Let tern sehr ähnlich feyen. Es ift ferner ganz fonderbar, dafs die zweyte Ausgabe des Speculum falutis in der Mitte, nicht im Anfange, zwanzig Blätter hat,

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vollkommnet worden, aber die erften Verfuche habe man in Holland gemacht, wie die Donati beweifen, welche dort von 1440 gedruckt feyen. (Von diefen holländifchen Donatis handelt der Vf. früherhin weit läufig.) Der Buchdrucker Ulrich Zell, der die Kunft von Mainz nach Köln gebracht, erzählte diefs dem Chronikenfchreiber. Alfo ift es doch nicht Ulr. Zell's Chronik. Uebrigens hat Köler in feiner Ehrenrettung Guttenbergs fchon dargethan, dafs Zell's Nachrichten nicht glaubwürdig feyen, wogegen Hr. Koning doch nicht hinlängliche Gründe aufftellt. Nach Zell's Nachrichten ift die lateinifche Bibel das erfte in Mainz gedruckte Buch: Trithemius aber nennt das Catholicon. In der Parifer Bibliothek findet fich nur eine lateinische Bibel, ausgemalt und gebunden von Heinrich Carmen zu Mainz im J. 1456. Auch Santander giebt zu, dafs diefe Bibel vor der Trennung Guttenbergs von Fault, welche 1455 erfolgte, gedruckt fey. Diefs fey die Bibel, deren Zell erwähne. Spätere Zeugniffe der Holländer übergehen wir. Santander's Einwurf, dafs Lorenz Kofter's Name in keinem echten Drucke stehe, entkräftet der Vf. durch die richtige Bemerkung, dafs keiner der ältesten Buchdrucker aus Furcht vor den

eiferfüchtigen Mönchen, die diefer Kunft aus wichtigen Gründen fehr abhold waren, feinen Namen hergegeben habe, bis 1457 die Kunft allgemeiner be kannt wurde, da fie vorher höchft geheim halten worden. Dafs die Kostersche Familie nicht den Anmalsungen der Mainzer widerfprochen (ein Einwurf, den Santander macht) erklärt der Vf. daraus, dafs die Mainzer blofs fich die Adinventores und Vervollkommner, nicht die Erfinder genannt haben. Zuletzt giebt der Vf. noch von Ottley's inquiry into the origin and early history of engraving Nachricht, welches 1816 herauskam. In diefem Werke find über die ersten holländischen Drucke ganz diefelben Ideen vorgetragen, zu denen fich der Vf. bekennt: befonders ift auch Ottley der Meinung, dafs die älteften Specula, von denen oben die Rede war, in Holland, nicht in Brabant, vor 1428 gedruckt feyen.

So fehr die Holländer überzeugt find, dafs durch diefe Preisfchrift die Erfindung der Buchdruckerkunft in Harlem aufser Zweifel gefetzt ift; fo hat Rec. doch nicht umhin gekonnt, feine Bedenklichkeiten bey manchen Punkten diefer Beweisführung zu erkennen zu geben.

LITERARISCHE NACHRICHTEN.

I. Universitäten.

Am 13ten Nov. 1819 fand die vorläufige Eröffnung der Kaiferl. Univerfität zu St. Petersburg, in Gegenwart des wirkl. Staatsraths, Hn. v. Uwaroff, Curator des hiesigen wissenschaftl. Districts, Statt. Die Feyerlichkeit, zu welcher fieb die Profefforen, die Studirenden und andere Perfonen, welche an dem Lehrcurfus Antheil nehmen wollen, im grofsen Exercierfaal verfammelt hatten, begann mit einem Gebet des Profeffors der Theologie, Pavsky, worauf der wirkli che Staatsrath und Rector der Universität, Hr. Balagiansky, in einer ruffifchen Rede die enge Verbindung der Wissenschaften unter fich und den Zweck derfelben zur gemeinschaftlichen Aufklärung und Vervollkommnung des menfchlichen Gefchlechts auseinanderfetzte. Er befchlofs feine Rede mit Ermahnungen an die ftudirende Jugend.

II. Todesfälle.

Am iften Januar 1 820 starb zu Freyberg der dafige Superint. M. Joh. Friedrich Gottlob von Braufe, im 55ften Jahre. Er war zu Liebenwerda den 2ten May 1765 geboren, wo fein Vater, Joh. Karl Friedrich von Braufe, damals Superint. war. Im J. 1785 ward er Paftor zu Hegnitz bey Meifsen, 1789 vierter Diaconus

an der Marienkirche zu Wittenberg, und kurz darauf Dr. Phil., 1796 Superind. in Eckartsberg, and 1800 Superint. der Dióces Freyberg. Seine Schriften: Antrittspredigt. Freyberg 1800. 8. Epiftolae ophorsles ad doctores religionis chriftianae. Freyberg 1809. 8, waren hauptfächlich für feinen Kirchsprengel be ftimmt. Ein lateinifcher Brief, wodurch er für die Abgebrannten zu Eckartsberge auffoderte, befindet fich in Rehkopf's Prediger-Journal für Sachsen 1808. S. 347-356.

Am 4ten Januar ftarb zu Chemnitz der dafige Stadtphyficus, Johann Heinrich Freytag im 69ften Jahre. Er war zu Tennstädt in Thüringen am 2 1ften Januar 1751 einem Wundarzte geboren, hatte zu Erfurt, Dresden und Leipzig ftudirt, und war am letzten Orte im J. 1778, nach Vertheidigung feiner Differt. Glandulae thyroidacae partim meliceridis fpeciem referen tis exftirpatio, Doctor der Medicin geworden. Als Schriftsteller hat er fich durch feine: Befchreibung ei ner felbft erfundenen compendiöfen Mafchine, mit welcher nöthigen Falls ein einziger Wundarzt alle, felbft fchwere und veraltete Verrenkungen des Oberarms am Achfelgelenke leichter, für den Kranken we niger schmerzhaft, auch minder gefährlich, und über. haupt zweckmäfsiger, als bisher gefchehen, verrich ten kann. Chemnitz 1810. 8., bekannt gemacht.

ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

SCHÖNE KÜNSTE.

März 1820.

LEIPZIG, b. Gleditsch: Albrecht Dürer und fein Zeitalter. Ein Verfuch von Dr. Adam Weife, Privatlehrer bey der Univerfität zu Halle. 1819. VI u. 93 S. gr. 4. Mit A. Direr's Bildn. in Kupfer gelt. von A. Rosmaesler fen., nach der

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Zeichn. des Vfs.

mmer gehören Monographieen über Gegenftände des Wiffens, wenn fie von Männern geliefert werden die ihrer Wiffenfchaft und Kunft mit wahrer Liebe gehuldigt, zu dem Vortrefflicheren in der Litera:ur überhaupt. Vorausfetzen lässt es fich hier, dass der Vf. einer Monographie nicht allein dem von ihm behandelten Gegenstande befonders zugethan ge wefen, fondern auch, dafs er denfelben von vielen Seiten mehrmals betrachtet, über ihn alles wirklich Erfpriefsliche gefammelt, und fonach feiner Behandlung deffelben diejenige Ausführlichkeit gegeben haben werde, die den Lefer wahrhaft unterrichtet und vergnügt, was bey grófseren Werken, wo folch ein Gegenstand nur einen Theil vom Ganzen ausmacht, aus vielerley fubjectiven wie objectiven Gründen unmöglich alfo gelingen kann. Gilt diefs aber überhaupt, fo dürften Monographieen im Gebiete der Literatur der Kunft, heut zu Tage zumal, wohl ausgeführt von ganz vorzüglichem Nutzen und von wahrem Reiz für alle denkende Lefer feyn. Kunft wie Künstlergefchicaten haben wir zwar bis jetzt in ziemlicher Anzahl erhalten. Leider aber ift in den ersteren kaum noch das Allernöthigste berücklich tigt worden, und das befonders deshalb, weil in Hinficht auf die zweyten wir noch gar zu fehr im Dunkel fchwehen. Wie fo mancher rüftige Schriftsteller. unferer Tage fertigte nicht bändereiche Gefchichten der alten wie der neuern Kunft, ohne felbft viel von Kunft gesehen oder davon verstanden zu haben. Eine erträgliche Sprache, einige pikante Ideen dienten ihm gemeiniglich zum fchimmernden Gewande, mit dem er feine Blöfsen, fo gut als es gehen mochte, vor dem Lefer zu verhüllen fuchte. Man berichtete da über Werke, die man nie gefehen, und urtheilte ab über Künstlerwerth von Meiftern, deren Namen man kaum aus einigen Galleriekatalogen oder mågern Biographieen kennen gelernt hatte. Eine gewille, von einigen Archaeologen eingeführte, aber eben fo lächerliche als verführerifch verderbliche Manier, über die vom zerstörenden Zahn der Zeit uns leider gänzlich entriffenen Werke von Meistern der griechi fchen Vorzeit, als Zeuxis, Apelles, Protogenes, Phi

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dias, Polykletus, Scopas u. f. w. fo zu fprechen, als ob fie in deren Werkstätten einheimisch gewelen, obgleich die fchiefen Urtheile ebenderfelben nicht felten, ja vielmehr überall verrathen, dafs fie von der Kunft überhaupt nur etwas aus dem Hörenfagen erfahren und man fogar aus ihrer eigenen Lebensgefchichte belehrt wird, dafs fie felbft dasjenige, was von Werken der alten Kunft im Ganzen noch vorhanden ift, höchftens nur aus einigen wenigen Statuen, einigen Gypsabgüffen und aus Kupferftichen kennen gelernt haben diefe, nur die Unkundigeren bestechende und täuschende Manier folcher eingebildeten und über Alles, worüber ein Wörtlein fich fallen laffen dürfte, mit fcheinbar gelehrtem Prunke commentirenden Archäologen hat auch dem Schreiben über neuere Kunft und Kunftgefchichte den fo ganz oberflächlichen Charakter mitgetheilt, den zu entfernen, es nunmehr dringend nothwendig wird. Das Schreiben über Kunft von blofsen Dilet tanten und den witzigen Archäologen, denen mit Auge und Sinn und Takt für die Kunft zugleich auch alle Kunfterfahrung und eignes Kunfttalent abgeht, mufs endlich aufhören. Damit aber diefs gefchehe, werden Monographieen, theils über einzelne Künftler und deren Werke, theils über andere befondere Gegenstände der Kunft von wirklich praktischen Künstlern ausgeführt, in denen ein wahrer Genius für das Höhere lebt, vor allen Dingen noch ein wefentliches Bedürfnifs bleiben. Aus diesen, wenn sie fo geliefert worden, wie man dann zu erwarten berechtigt ift, möchte man vorläufig wenigftens auch erkennen, wie die Schriftftellerey über die bildende Kunft auf jeden Fall eines der fchwierigften Gebiete im ganzen Umfange der Literatur zu behandeln hat. Von diefen Anfichten geleitet, ift es Rec. ein wahres Vergnügen, die vorliegende Schrift eines Künstlers, Hn. Dr. Weife, über einen Künftler, deffen Wirken und Bedeutung in der Künstlerwelt, hier anzeigen zu können. Aus vortheilhaften Berichten glaubwürdiger Männer von verfchiedenen Orten her war ihm der Vf. fchon feit mehreren Jahren von Seiten feines fchönen Talents bekannt geworden, und diefe Zeugniffe verbürgt nun auch feine Schrift. Dals ein feines Gegenstandes mächtiger Mann, der, von ihm durchdrungen, nichts leicht fagt, als was er tief durch das Gefühl empfunden und klar durch den Verftand begriffen, diefe Monographie geliefert, läfst fich überall darin entdecken. Als einer wahren Bereicherung unferer Literatur über unfere vaterländifche Kunft wird und kann ihr daher eine günftige Aufnahme bey dem Künstler und kritifchen Kunft

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