Auf kaum einem zweiten Gebiete ist den grundlegenden Fragen bisher so wenig Beachtung geschenkt und wildem Dilettantismus so viel Spielraum gelassen worden, wie auf dem der Kolonialpolitik. Ungeachtet der ungeheueren Opfer, welche die Völker von alters her gerade für koloniale Zwecke gebracht haben, fehlt es noch an jeder nur einigermaßen erschöpfenden und zuverlässigen Zusammenstellung ihrer in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen. Ein Versuch, Nutzanwendungen daraus zu ziehen, ist seit Jahrzehnten nur einmal, und gerade in dem Lande, dessen koloniale Politik im allgemeinen nicht als mustergültig betrachtet wird, nänılich in Frankreich, gemacht worden. So wenig man im allgemeinen geneigt ist, anzunehmen, daß gerade die besten und fähigsten Männer sich der Tätigkeit in Kolonien widmen, so großes Vertrauen scheint man der Regel nach in die Richtigkeit ihrer Auffassungen und Entschließungen zu setzen, da gewöhnlich die Regierungen und Parlamente folgenschwere Maßnahmen davon allein abhängig machen.
Der Grund dieser auffälligen Erscheinung dürfte wohl darin zu suchen sein, daß nach dem Abfall der Vereinigten Staaten von Amerika und der Hauptmasse der spanischen Kolonien lange Zeit hindurch das Zeitalter kolonialer Politik für abgeschlossen angesehen und es nicht mehr für der Mühe wert erachtet wurde, derartigen Fragen nähere Aufmerksamkeit zu widmen.
Der Verlauf der Weltgeschichte hat diese Auffassung als irrig erwiesen. Noch wiederholt hat die Aufteilung wenig oder gar nicht kultivierter Gebiete die Welt seitdem in Atem gehalten, und eben tobt wieder ein folgenschwerer Kampf um die Herrschaft in Ostasien. Dazu beschäftigt die Frage der besten Art der Erschließung und Entwicklung von Kolonien