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Herren die Freiheit erhalten, die Sklaven von Beamten, Geistlichen, Klöstern und Staatsverbrechern sofort. Die Erteilung von Encomiendas war für die Zukunft verboten. Die bestehenden wurden geduldet, doch wurde für sie die genaue Beachtung der Gesetze angeordnet und deren Übertretung mit Verlust der Encomienda bedroht. Um Mißbräuchen im voraus entgegenzutreten, wurde die Anstellung von Verwandten und Angestellten der Mitglieder des Rats von Indien in den Kolonien verboten, das Aufsichtsrecht ihrer höchsten Gerichte erweitert, regelmäßige Revisionen angeordnet und die Einsendung der Revisionsprotokolle nach Madrid verfügt. Höchste Instanz in den Kolonien wurden die Obergerichte, Audiencias, denen die Gouverneure unterstanden. Ihren Mitgliedern war jeder Besitz unbeweglichen Eigentums in den Kolonien verboten.

Das neue Gesetz, das nicht allein die Erteilung von Encomiendas für die Zukunft verbot, sondern auch den vorhandenen durch Verbot des Sklavenmachens die Indianerzufuhr abschnitt und auf die teuren Neger anwies, war begreiflicher Weise nicht leicht durchzuführen. Überall haben die Kolonisten dagegen mit Wort und Tat Einspruch erhoben und die volle Einführung der neuen Bestimmungen unmöglich gemacht. In Mexiko war anfangs nur ein kleiner Teil des Gesetzes zu erzwingen. Erst 1550 konnte die befohlene Freigabe der kriegsgefangenen Indianer, die bei der Gefangennahme weniger als 14 Jahre gezählt hatten, sowie der unrechtmäßig und neuerdings zu Sklaven erklärten Leute durchgeführt werden. Es waren nicht weniger als 150000 männliche und wenige weibliche Sklaven. 1551 wurden hier den Beamten alle Sklaven entzogen und den Eingeborenen freigestellt, Steuern in Geld oder Arbeit zu leisten. 1557 wurde bestimmt, daß die Encomiendas mit dem Tode ihrer Inhaber erloschen. Es hat dann noch lange gedauert, ehe alle Bestimmungen des Gesetzes in Kraft traten.

In Peru hat das Schutzgesetz zu einer gefährlichen Empörung Veranlassung gegeben, da sich hier die Kolonisten stark genug fühlten, der Krone offenen Widerstand zu leisten. Erst nach langwierigen Kämpfen gelang es hier 1548, wenigstens das Verbot der Indianersklaverei durchzuführen. Mit den Encomiendas konnte hier nicht gründlich aufgeräumt werden, da der Ersatz der Indianer durch Neger zu schwierig war. Man begnügte sich damit, die Schutzgesetzgebung für die Eingeborenen in den Encomiendas weiter auszubauen.

Noch schwieriger erwies sich die Einführung der Schutzgesetze in Mittelamerika, wo die Eroberer ganz besonders rücksichtslos gewirtschaftet hatten. 1550 erhoben sich eine Menge Ansiedler und bedrohten die Verbindung mit Südamerika über Panama. In Guatemala und Honduras kehrte man sich, mit stillschweigender Duldung der interessierten Behörden, einfach nicht an die Vorschriften. LAS CASAS, der als Bischof

in Honduras jahrelang tätig war, hat noch wiederholt nach Spanien reisen und den König anrufen müssen, ehe wenigstens den gröbsten Mißbräuchen gesteuert wurde. Einen Augenblick war es sogar nahe daran, daß ein großer Teil des Erreichten wieder in Frage gestellt wurde. PHILIPP II. dachte nämlich 1555 in seinen finanziellen Nöten einmal daran, das Recht der Krone zur Einziehung des Encomiendas zu verkaufen. Das hätte natürlich die Verewigung des Systems der Zwangsarbeit bedeutet. LAS CASAS hat das Verdienst, diesen Plan vereitelt zu haben. Wenn auch langsam, ist die von ihm veranlaßte Gesetzgebung schließ lich allgemein, wenigstens in der Hauptsache, zur Durchführung gekommen. An die Stelle der Konquistadoren traten christliche Missionen, welche in die unerschlossenen Gebiete drangen und die Eingeborenen im Christentum und geregelter Arbeit unterwiesen. Menschenjagden sind nur noch in den entlegensten Gegenden gelegentlich später vorgekommen. Die Indianer und Mischlinge in den spanischen Kolonien sind allmählich Lohnarbeiter geworden. Freilich haben sie nirgends die guten Län dereien wiedererhalten, die ihre Vorfahren bestellt hatten. Die besten Grundstücke sind überall Besitz spanischer Ansiedler und Klöster geworden. Das Hauptmittel, die Eingeborenen zur Arbeit anzuhalten, wurden die Steuern, für deren Aufbringung die Häuptlinge verantwort lich waren, und die in Geld, Waren oder Arbeit abgetragen werden konnten. Im 17. Jahrhundert ist die Schutzgesetzgebung unter dem Einfluß der Missionen bis in alle Einzelheiten ausgebaut werden. In den entwickelteren Kolonien traten allgemein Neger an die Stelle der eingeborenen Arbeiter. Besonders in den Bergwerkdistrikten Perus und Mittelamerikas wurden aber noch lange Eingeborene gewaltsam zur Arbeit gepreßt und ausgebeutet trotz aller dagegen erlassenen Vorschriften, und man rechnet, daß neun Zehntel der eingeborenen Bevölkerung Perus zu Ende des 18. Jahrhunderts ausgestorben waren. Hier ist denn auch noch lange der Haß der Eingeborenen gegen die Spanier rege geblieben, und es ist noch 1780-1781 zu einem Aufstande gekommen, der gegen 50 000 Menschen das Leben gekostet haben soll. Es gab in Peru 1784 noch 608 000 Indianer, 244 000 Mischlinge und 80 000 Neger. In Venezuela zählte man zu Ende des 18. Jahrhunderts noch 120 000 Indianer und 306000 Mischlinge neben 62 000 Negern. In Kuba und Santo Domingo waren die Indianer damals ausgestorben.

Spanien hat sein System der Behandlung der Eingeborenen nach dem Verlust der südamerikanischen Kolonien in den Philippinen bis in die letzte Zeit weiter durchgeführt. Bis 1884 hatte jeder Eingeborene dort außer der Kopfsteuer 40 Tage öffentlicher Arbeit zu leisten, welche durch Zahlung von 3 Pesos abgelöst werden konnte. Von da an wurde. für alle Bewohner der Kolonie ohne Unterschied der Rasse die jährliche Lösung eines Passes für 25 Pesos und die Ableistung von 15 Tagen öffent

lichen Arbeit, die durch Zahlung ablösbar war, vorgeschrieben. Die Steueraufbringung lag in den Händen der Gemeindevorsteher, welche mit ihrer Habe für die Ablieferung des vorgeschriebenen Betrages einzustehen hatten. Die unter den Eingeborenen bestehende Schuldsklaverei wurde bis in die letzte Zeit der spanischen Herrschaft geduldet.

II.

Portugal hat in der älteren Zeit fast nur in Brasilien mit der Regelung der Lage der Eingeborenen zu tun gehabt. Seine Niederlassungen in Ostindien und in der Nachbarschaft waren nur Handelsfaktoreien. Wo man hier überhaupt, wie im Gebiet von Goa oder Ceylon Steuern erheben konnte, geschah es durch Vermittlung der eingeborenen Dorfhäupter in der von altersher üblichen Weise. Die dabei vorkommenden Mißbräuche waren kaum ärger als unter der einheimischen Regierung. In Ceylon erhob man neben den Grund- und Gewerbesteuern solche von Edelsteinen und Nachlässen. Zimmt- und Elfenbeingewinnung waren zum Monopol erklärt. Alle Eingeborenen waren hier auch milizpflichtig. Der Steuerdruck hat hier die portugiesische Herrschaft sehr verhaßt gemacht. In Brasilien fanden die portugiesischen Ansiedler ähnliche Verhältnisse wie im spanischen Amerika. Das weite Land bot Nahrungsmittel und marktgängige Erzeugnisse nur für entsprechende Arbeit. Die Portugiesen waren dazu nicht gewillt und bei dem tropischen Klima auch nicht fähig, Negersklaven kosteten mehr Geld, als die meisten zur Verfügung hatten. Wie die Spanier suchten sie daher die Zuckerplantagen und die an Nutzhölzern reichen Wälder durch eingeborene Sklaven zu bewirtschaften. Vor Gewalt, Grausamkeiten und Ausschreitungen aller Art schreckten sie so wenig zurück wie die Besiedler Westindiens. Und wie dort, war es nur die geistliche Mission, in diesem Falle der Jesuitenorden, welche zum Schutze der Eingeborenen die Stimme erhob. Unter dem Einfluß der Mission wurde von seiten der Regierung wiederholt verboten, die Indianer als Sklaven zu behandeln. Die Beamten erhielten den Auftrag, die Leute zu schützen und durch die Bevorzugung der Getauften vor den Heiden den Drang zur Bekehrung zu fördern. Demgegenüber behaupteten die Pflanzer, daß die von den Missionen bekehrten und angesiedelten Eingeborenen auch nichts anders als Sklaven seien. Sie erhielten nur das Notdürftigste zum Leben und müßten unausgesetzt arbeiten. Den Pflanzern zu verbieten, die gleichen Vorteile aus den Eingeborenen zu ziehen, sei um so unbilliger, als die Missionen ja auch noch Steuerfreiheit genüssen und Anspruch auf den Zehnten von den Kolonisten hätten!

König JOHANN III. von Portugal unterbreitete die Angelegenheit der Mesa da Conciencia in Lissabon zur Entscheidung. Diese Behörde fand

es untunlich, die Sklaverei einfach zu verbieten. Wie die spanische Regierung erklärte sie die Behandlung von Eingeborenen, die in gerechtem Krieg gefangen oder von den Eltern verkauft worden seien oder sich selbst verkauft hätten, als Sklaven zulässig und sah die Hauptaufgabe darin, Vorschriften für menschliche Behandlung der Sklaven zu treffen. Damit gaben sich die Jesuiten nicht zufrieden. Sie fuhren fort, den Hof mit Klagen und Beschwerden zu überhäufen, bis König SEBASTIAN 1565 einen Ausschuß hoher Würdenträger, bei dem auch die Gesellschaft Jesu vertreten war, mit der Prüfung der Angelegenheit betraute. Auch diese Kommission wagte die Indianersklaverei nicht grundsätzlich zu verbieten. Aber sie tat wenigstens Schritte, den ärgsten Mißbräuchen dadurch zu steuern, daß sie die obrigkeitliche Erlaubnis für jeden Verkauf von Sklaven vorschrieb, die Rückgabe entlaufener Sklaven an die Herren von dem Nachweise des rechtmäßigen Besitzes abhängig machte, und die Einsetzung eines ständigen Protektors der Indianer erwirkte. Außerdem wurde die Züchtung neuer Sklaven durch Verheiratung von Negern mit Indianerinnen verboten. 1570 wurde diese Gesetzgebung noch dadurch ergänzt, daß eine Anordnung erfolgte, wonach nur die in gerechten und von der Regierung genehmigten Kriegen gefangenen Indianer sowie Menschenfresser als Sklaven behandelt werden dürften.

Obwohl den Pflanzern damals die Beschäftigung von Missionsindianern als Ersatz für die Sklaverei freigestellt wurde, riefen die neuen Vorschriften eine wirtschaftliche Krisis und allgemeine Unzufriedenheit in Brasilien hervor. Die Pflanzer fanden sich außer stande, mit den Missionen zu konkurrieren, und die Einnahmen der Kolonie sanken bedenklich. Unter diesen Umständen wurde man in Lissabon besorgt, und die Regierung entschloß sich 1574 ein neues Indianergesetz zu erlassen.

Hierdurch wurden alle bekehrten sowie die in den Missionen lebenden Indianer für frei erklärt, so lange sie in den ihnen angewiesenen Wohnorten verblieben. Dagegen sollten alle heimlich entlaufenden Eingeborenen sowie die in gerechten und obrigkeitlich genehmigten Kriegen gefangenen ungetauften Indianer rechtlich Sklaven sein. Es wurde auch für zulässig erklärt, Leute, die über 21 Jahre alt und einverstanden waren, von ihren Angehörigen, mit Zustimmung der Obrigkeit, als Sklaven zu kaufen. Alle Sklaven waren fortan in Register einzutragen und flüchtige gegen Ersatz der Kosten zurückzugeben. Begreiflicherweise waren hiermit wieder den Mißbräuchen der Pflanzer die Türen geöffnet, und aufs neue begann der Kampf der Jesuiten mit ihnen und den Behörden. In den entlegeneren Provinzen waren regelmäßige Menschenjagden an der Tagesordnung, und der Handel mit Indianersklaven spielte. eine große Rolle. Wiederholt versuchten die brasilianischen Behörden wie die portugiesische Regierung Einrichtungen zu treffen, die allen Bedürfnissen gerecht wurden, aber immer ohne Erfolg. 1587 wurde an

geordnet, daß die Indianer nicht mehr als Sklaven, sondern als freie Lohnarbeiter behandelt werden sollten. 1595 wurden alle Sklaven, soweit sie nicht nachweisbar in von der Regierung genehmigten Kriegen gefangen waren, frei erklärt, 1605, 1608 und 1609 wurde sogar nochmals die Indianersklaverei überhaupt aufgehoben, und die Eingeborenen den Weißen gleichgestellt. 1611 erfolgte dann wieder die Rücknahme dieser Vorschriften und die Wiederinkraftsetzung des Gesetzes von 1574 mit der Maßgabe, daß kein Eingeborener länger als 10 Jahre Sklave sein solle. Nahmen die Pflanzungen irgendwo besonderen Aufschwung und trat großer Bedarf an Arbeitern ein, so verschaffte man sich Indianersklaven, wie man eben konnte. Umsonst drohte auf Betreiben der Jesuiten der Papst 1639 auch in Brasilien mit dem Kirchenbann. Als die Missionare die Bulle zu verkündigen versuchten, verjagte man sie aus einigen Provinzen und bedrohte ihr Leben. In Sao Paulo ließ man sie erst 1653 unter der Verpflichtung wieder zu, sich nicht mehr um die Eingeborenenfrage zu kümmern.

Trotzdem schlief die Bewegung zugunsten der Eingeborenen nie ein, und 1650 verbot Portugal nochmals die Behandlung der Eingeborenen Brasiliens als Sklaven. Wieder erwies sich jedoch die Durchführung des Gesetzes angesichts des Widerstandes der Kolonisten unmöglich. Die Jesuiten selbst überzeugten sich davon und empfahlen vor der Hand nur Maßnahmen zur Besserung der Lage der Sklaven. Es wurde empfohlen, bestimmte Löhne für sie festzusetzen und ihre Arbeitspflicht auf 6 Monate im Jahre zu beschränken. Eine solche Anordnung kam zu stande. Aber selbst sie war den Pflanzern unbequem. 1654 wurde. wieder die Gesetzgebung von 1611 in Geltung gesetzt. Im folgenden Jahre erging ein neues Gesetz. Danach sollte die Sklaverei nur noch für Kriegsgefangene lebenslänglich sein und die Aufsicht und Verfügung über alle Staatssklaven der Mission zufallen. Letztere durfte sie alljährlich 6 Monate lang gegen Lohn vermieten. Dazu wurde eine gerichtliche Prüfung des vorhandenen Sklavenbesitzes angeordnet.

Das Ergebnis dieses Gesetzes war ein Aufstand in der Provinz Maranhao und die Verjagung der Jesuiten. Die Regierung mußte sich 1663 entschließen, die Leitung der Indianersachen der Mission zu entziehen. Ein neuer Versuch 1680, die Indianersklaverei aufzuheben und die Arbeit der Staatssklaven auf 2 Monate im Jahre zu beschränken, scheiterte ebenfalls. Wenngleich mit dem steigendem Wohlstand der Pflanzer und der allmählichen Teuerung der Indianersklaven mehr und mehr Neger an ihre Stelle traten, spielte die Eingeborenenfrage doch auch im 18. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. 1734 fand wieder eine amtliche Untersuchung statt, und 1755 wurde nochmals die Behandlung der Indianer als Sklaven geregelt. Damals wandte sich die Regierung aber nicht

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