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XIV.

Grund für die Unterbrechung der Nathsaal-Malereien.

Beginn der Reformation in

Basel. Innere und äußere Unruhen. Hutten in Basel.

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Die Orgelthüren des Münsters.

Die wenigen reli

Die Madonna

Ihre beiden Exemplare in Darmstadt und Dresden.
Irrige und überflüssige Deutungen. - Das Bile
Sein wirklicher Inhalt.

Wir griffen weit vor in der Zeit, um mit Besprechung rer Rathhausbilder abzuschließen. Kehren wir jetzt zum Jahre 1522 zurück. Als damals die Rathsaal-Malereien vorläufig aufhörten, um dann im folgenden Jahre nicht wieder aufgenommen zu werden, was konnte der Grund dafür sein? Offenbar ist derselbe in den Zeitverhältnissen zu suchen, in den Ereignissen, welche mit dem Ausbruch der Reformation zusammenbingen. Die Ideen der Reformation, bas sahen wir gleich am Anfang des Buches, sind der bildenden Kunst nicht seindlich, sondern beseelen im Gegentheil alles Große auch auf diesem Gebiete. Weit entfernt, wie ihr die Gegner verwerfen, den Kunstverfall herbeigeführt zu haben, trägt und erklärt die Reformation allein den Aufschwung und die Richtung der damaligen Deutschen Kunst. Die Aufregungen und Unruhen dagegen, welche sich an den Losbruch der Reformationsbewegung knüpfen, sine naturgemäß ein äußeres Hinderniß für die Kunstentfaltung; aber auch nur ein verübergehentes, das gar nicht in das Gewicht fallen kann gegen Alles, was die Kunst innerlich dem Geist der Reformation zu danken bat. Daß nachher freilich dasjenige, was als abgeschlossene Confefsien aus diesen Kämpfen hervergebt, keine Kunst bat und haben kann, ist eine Sache für sich. Dob hieven crit iräter!

-Daß Luthers Sace allgemeines Interesse in ganz Deutschland gewann, ist vom Jabre 1521 zu ratiren, wo er sie auf dem Reichstag zu Worms öffentlich vertrat, und we seine Entführung auf der Rückreise, rie

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Beginn der Reformation in Basel.

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man für ein Werk der Feinde hielt, die glühende Theilnahme für seine Berson mächtig steigerte. In demselben Jahre fanden auch in Basel die ersten reformatorischen Versuche statt. Wilhelm Röblin, ein junger Geistlicher aus Rottenburg am Neckar, welcher Leutpriester zu St. Alban geworden war, „ein gelehrter, eifriger Mann“ — predigte wider Messe, Ceremonien, Fegefeuer und Anrufung der Heiligen. Am Frohnleichnamstage, als die übrigen Priester in der Procession die Reliquien trugen, schritt er mit einer Bibel einher, auf welcher in großen Buchstaben geschrieben stand: „Dieses ist das wahre Heiligthum, die anderen sind nur Tertengebeine." Der Bischof begehrte seine Gefangennehmung, doch seine zahlreichen Anhänger über viertausend waren oft bei seinen Predigten gewesen — rotteten sich zusammen. Der Rath wußte sie indeß durch Versprechungen zum Auseinandergehen zu bringen, und verwies dann vierzehn Tage später Röblin aus der Stadt.

Schon im folgenden Jahre indeß tauchten neue Bestrebungen auf. Wolfgang Wissenburger, Prediger am Spital, trug die evangelischen Lehren noch nachdrücklicher vor und hielt die Messe nicht mehr Lateinisch, fendern Deutsch. Ihn konnte man nicht ausweisen; er war Sohn eines Baseler Bürgers, und sein Vater saß im Rath. Im December 1522 kam auch Defolampad nach Basel, der eigentliche Reformator der Stadt. Shon früher war er eine Zeit lang hier gewesen; nun kehrte er zurück, nachrem er, mannigfach verfolgt, bei Franz von Sickingen Schuß ge= funden hatte, jezt aber durch dessen Kriege gezwungen war, ein neues Ayl zu suchen. Der Buchdrucker Cratander nahm ihn auf. Anfang 1523 wurde er Prediger an St. Martin, und nun begann seine ununterbrochene Wirksamkeit, mild, schonend, aber nachdrucksvoll. Mochte auch tie eberste Behörde, hauptsächlich weil Erasmus Vorsicht und halbe Maßregeln gerathen hatte, eine Zeit lang in ihrer Stellung zur Reformation noch schwankend sein, diese gewann von Tag zu Tag immer entschiedener die Oberhand.

Holbein selbst war auf dieser Seite; wir werden das später begründen, wenn wir auf die reformatorischen Streitblätter kommen, die er entworfen hat, und von denen bei Gelegenheit der Holzschnitte die Rede fein wird. Wie entschieden aber der Künstler innerlich zur Reformation stand, äußerlich hatte er durch sie zu leiden, da sie ihm vor der Hand die. Gelegenheit zu größeren Schöpfungen entzog. Nicht allein daß die Aufmerksamkeit jezt durch die religiösen Verhältnisse zusehr in Anspruch ge

nommen wurde, um noch irgend an die Kunst denken zu können; auch die Mittel hielt man in solchen Zeiten ängstlicher zu Rathe, und scheute daher wohl erneute Geldbewilligungen zur Vollentung jener Wandmalereien. Dazu trug ohne Zweifel bei, daß gerade Anfangs des Jahres 1523 nicht nur im Innern der Stadt, sondern auch von außen her rie Gährungen bedenklich wurden. Es war die Zeit der kriegerischen Unternehmungen Sickingens; wohin diese strebten, zu welchen Verwicklungen sie führten, wußte man nicht; man mußte auf Alles gerüstet sein.

Dazumal kam von Landstuhl, Sickingens Burg, ein Mann nach Basel, der bei dem Freunde ausgeharrt haben würde bis zum letzten Augenblick, hätte seine schwere Krankheit ihn nicht zu allen kriegerischen Thaten unfähig gemacht. Ulrich von Hutten ist es, für dessen verfolgtes Haupt in Deutschland keine Stätte war, und der es doch verschmähte, in des Französischen Königs Seld zu treten, obwohl ihm dieser ein glänzendes Jahrgehalt bet. Siech und elend, entblößt von allen Mitteln, fam er an, und blieb hier eine Zeit lang, bis endlich auch der Baseler Rath ibm ren zugesagten Schirm auffündete, und er sich genöthigt sah, weiter zu zichen, um bald auf der Insel Ufenau sein leid- und thatenreiches Leben zu beschließen. Zuerst hatte der Baseler Rath ihn freundlich und ehrenvell aufgenommen, ihm ein Gastgeschenk geboten. Die höchstgestellten Männer, einer nach dem anderen, Yeute aller Stände kamen zu ihm und suchten seine Gesellschaft; nur Einer war da, welcher ihm ängstlich sein Haus vers schloß, Erasmus, der ehemalige Freund. Hat auch Holbein ihn gesehen? Darüber ist keine Kunde da und wird sich auch wohl niemals finden. Aber erinnern müssen wir daran, daß Beide damals am gleichen Orte waren. Holbein und Hutten sind nahe verwandte Naturen; später werden wir das erfahren, wenn wir betrachten, wie Holbein für die Reformation stritt. Wenn auch der Ritter vielleicht des Malers nicht weiter Acht hatte, so wußte dafür Holbein sicher, wer Hutten war, und hatte ihn auch wohl rersönlich gesehen. In denselben Kreisen lebten Beide; und war auch Bonifacius Amerbach, ver Hutten früher seinen Beistand für alle Fälle zugesagt hatte, zur Zeit in Avignon, so verkehrte der Dichter dafür mit dem älteren Bruder Basilius und kam mit diesem und anderen Freunden im Wirthshaus zur Blume zusammen *), derselben von altersher berühm

*) David Strauß, Ulrich von Hutten. II. S. 241 f.

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