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geschickt gezeichneten Händen in dem oft beinahe schweren braunen Ton des Fleisches, der von dem klareren gelblichen Ton des älteren Holbein abweicht, verräth sich dessen Einfluß. Gerade die Jahre, welche der selbständigen Production des Jünglings unmittelbar vorangingen, sind es, in denen er alles das auf sich wirken lassen konnte, was Burgkmair gan; frisch aus Italien mit heimgebracht. Daß derselbe auch die nächsten Jahre in Augsburg blieb, ist festgeststellt; auf manchen damaligen Gemälden, zum Beispiel einer kleinen Geburt des Heilandes von 1511 im Berliner Museum*), hat er ausdrücklich angegeben, daß er sie zu Augsburg gemalt. Und nicht blos den neuen Geschmack lernte Holbein durch ihn fennen, auch in der künstlerischen Vielseitigkeit hat er sich nach ihm gebildet, für den Inhalt wie für die Mittel seiner Kunst. Er lernte von Purgkmair seinen Gesichtskreis nach Maßgabe der neuen Zeit zu erweitern, neben den religiösen Gegenständen auch profane darzustellen: Begebenheiten res Lebens, Allegorien, Stoffe aus dem klassischen Alterthum, und nahm. ibn sich zum Vorbild im Zeichnen für den Holzschnitt und in Ausübung der Wandmalerei im größten Styl.

Das Liebenswürdigste, was wir jetzt von Burgkmair überhaupt noch besten, ist ein kleines Madonnenbildchen vom Jahre 1510 in der Morigfapelle zu Nürnberg. Durch die warme Farbe, die Feinheit in der Behandlung, den Adel der Köpfe und der körperlichen Form steht es so hoch und zeigt einen solchen Schönheitsinn, wie kein zweites Gemälde seiner Hand. Auch von Holbein besißen wir aus seiner frühesten Zeit eine Maria mit dem Kinde, ebenfalls dem Umfang nach nicht groß, aber turb Schönheit und Anmuth in ähnlicher Weise ausgezeichnet, wenn es auch rem Werke Burgkmairs nicht gleich kommt und durchaus den Stempel des Jugendlichen trägt. Das Gemälde besigt ein katholischer Geistlicher, Herr Schmitter-Hug, zu Ragaz. Es hatte stark gelitten und war ganz übermalt, ist aber durch Conservator Eigner in Augsburg mit Sorgfalt hergestellt worden. Die heilige Jungfrau, kaum halblebensgroß und in halber Figur, erscheint hinter einer Balustrade. Hier liegt ein Kissen mit schönem gelrdurchwirkten Muster und darauf sitzt das Kind, umschlungen von Marias Arm und sanft berührt von ihrer Hand. In der Rechten hält es einen Rosenfranz, den es spielend auf das Geländer niedergleiten läßt; mit der Linken greift es nach der Pfirsich, welche die Mutter ihm vorhält. Ihre Hand

*) Gemäldegalerie Nr. 584.

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mit der Frucht ist in einer sehr schwierigen Verkürzung gesehen und vielleicht ein wenig zu stark gerathen, dabei besonders zierlich in der Haltung und gut im Motiv. Die Studie hiezu, aber von der Gegenseite, befindet sich in der Sammlung des Erzherzogs Albrecht in Wien, auf einem Blatte, das auf der einen Seite einen männlichen Profilkopf, auf der anderen Seite mehrere Hände, darunter auch diese, in Silberstist, enthält. Ter Körper des Knäbleins ist etwas mager, zeigt aber in der Bewegung ein gewisses Streben nach Eleganz. In seinem gar zu ältlichen und nachrenklichen Gesicht tritt uns etwas für Holbein Fremres entgegen: bier hat wohl die Restauration am meisten gethan. Von höchster Schönheit aber ist Marias Kopf. Er ist uns schon vertraut; es sind ganz die nämlichen Züge, wie sie die Maria auf dem zulett besprochenen Bilde der Augsburger Galerie, der heiligen Anna selberitt, trägt. Ebense holdselig und sanft sind die Augen niedergeschlagen, ebenso zart vie Brauen, so zierlich das ganze Oval des Gesichtes, se entzückend sein der Mune: der Ausdruck nur cruster, noch sinniger, mit einem Anflug füßer Schwermuth. Ganz wie dert gleitet das blonde Haar herab, von einem Stirnband umschlossen. Nur zarte geldene Kreislinien denten eie Heiligenscheine an: mit höchster Vollendung ist der reiche Schmuck, Marias Agraffe mit Erelsteinen, die Geldverzierung in den pelzverbrämten Gewändern, ausgeführt. Eine Vaje mit Maiglöckchen steht auf der Balustrate, wie ein Symbol der Lenzesfrische und Frühlingsunschule in der Heiligen selbst. Einfache Renaissancearchitektur bildet den Hintergrund; eben, braun in braun, zwei Genien zwischen anderem Trnament und jederseits ein Medaillon mit den Buchstaben I. D. und I. H. Klar und durchsichtig, trek des braunen Fleischtones, ist das Colorit; die Aehnlichkeit in den Zügen mit der Maria von 1512 wird auf ziemlich gleichzeitige Entstehung schließen lassen. Eine Zahrzahl steht nicht darauf, wohl aber, daß Holbein es in Augsburg gemacht hat. An einem der Pilaster, welche den Rahmen. des Ganzen bilden, befindet sich die Anschrift: IOHANES, HOLBAIN. IN. AVGVSTA. BINGEWAT. Auch der zweite Pilaster hat eine Zuschrift und zwar eine höchst eigenthümliche: . CARPET. ALIQVIS. CICIVS. QVAM. IMITABI(T)VR. „Tadeln kanns einer leichter als nachmachen,“ das schreibt der junge Maler keck seinem Werke an die Stirn!

Ganz dieselbe architektonische Umrahmung wie hier, segar, wie es scheint, in ganz der nämlichen Größe, kommt noch auf einem zweiten Jugendgemälte vor. Es ist ein männliches Biltniß, welches der Graf Pans.

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frenski in Wien besigt, und sogar, nach der Datirung, das früheste gemalte Porträt, das man dem Künstler mit voller Sicherheit beimessen fann*). Namen oder Monogramm steht zwar nicht darauf, aber jene Identität der Einfassung und die Behandlung überhaupt bilden einen hinreichenden Beweis. Vor dem Madonnenbilde aber ist dieses durch etwas ausgezeichnet, durch vollkommen tadellose Erhaltung. So ist denn auch die Arsitektur nicht, wie dort, nachgedunkelt und von einförmigem Braun, fertern bell und klar, in weißem und grünem Marmor gedacht. Am Friese tragen die Medaillons, welche sich zu beiden Seiten der Genien befinden zne i Ragazer Gemälde vier unentzifferte Buchstaben enthalten, die Jahrzahl: 1.5. .13. An den Pilastern ist beiderseits die Inschrift zu leien: ALS. ICH. WAS. 52. IAR. ALT. DA. HET. ICH. DIE. GESTALT. Wer der Targestellte ist, wird uns nicht gemeldet, aber daß er keine ganz. arbereutende Persönlichkeit war, möchten wir daraus schließen, daß sich in ter Ambraser Sammlung zu Wien zwei Copien befinden. Die eine zicht das Original ganz und in gleicher Größe, die zweite nur den Kopf, aber Lebensgroß; beite sind aus späterer Zeit, von mittelmäßiger Arbeit, und nicht auf Holz, sondern auf Leinwand. Das Inventar, welches aus sehr unkritischer Zeit stammt, nennt sie Bildnisse Dürers von seiner eigenen Hand, und bietet also nicht den mindesten Anhalt. Es ist ein blonder Mann mit langem Haar und kurzem Vollbart, gefunden Aussehens, mit rothen Wangen, angetban mit Pelzrock und Pelzmüße, und fast ganz von vorn genommen. Man sieht die rechte Hand, welche eine Schriftrolle hält, nicht aber den Arm, was nicht ganz geschickt ist. Aber auch nur dieses Eine ließe sich tadeln; sonst steht die Behandlung schon auf überraschender Höhe. Durch tie lebendige Auffassung, die meisterhafte Durchbildung und die wunderbare Klarheit im gelblichen Fleischton kommt das Gemälde bereits dem berühmten Bildniß Amerbachs von 1519 im Baseler Museum nahe. Ein Tether Teppich liegt vorn auf der Balustrade. Blauer Himmel bildet den Hintergrund.

*) In Hamptenceurt befindet sich eine Tafel mit der Jahrzahl 1512, die Bildfie eines Mannes in Pelz und Felzmüße und einer Frau in braunem Kleide und weißer Daube enthaltend. Er ist, laut Beischrift, 52, sie 35 Jahr alt. Eine unverbürgte Zage nennt sie als die Eltern des Künstlers. Genaueres werde ich nachtragen, sobald das Bild aus eigener Anschauung kenne. Daß Waagen (Kunstwerke und Künstler England. I. S. 388), zwar die eigenthümliche, lebendige Auffassung und den gelkraunlichen Fleischton seiner frühesten Bilder hier wiederfindet, dabei aber die Hände nech, Each nennt, fënnte mir Bedenken einflößen.

Ein Jahr später ist das im Corfamhouse, dem Vanchig der Familie Methuen, bewahrte Bildniß des Franz von Taris entstanden, der dadurch bekannt ist, daß er die erste Besteinrichtung in Deutschland gemacht. „Wohlbeleibt und von behaglichem Ausdruck sigt er an einem Tische, worauf Geld und Schreibzeng. In der Rechten hält er einen versiegelten Brief, in ter vinten eine, einem Commandestab ähnliche Rolle." So beschreibt Waagen *) das Bilt, welches 1514. Franciscus de Taxis annorum 55. bezeichnet ist, und dessen Lebendigkeit er rühmt. In der schönen, noch viel zu wenig gewürdigten Gemäldegalerie res Großherzogs von Hessen zu Darmstadt befindet sich ein halblebensgroßes Brustbilt, welches durch den Professer Sppenheim in Frankfurt a. M. erst neuerrings dorthin gelangt ist, und sich früher im Besit der Züricher Patricierfamilie Schinz befand. Es ist am unteren Rande mit .H. .1.5.1.5. .H. bezeichnet. Von Retouchen ist es nicht ganz frei. Wir sehen einen Süngling mit schlichten Deutschen Zügen und blondem Haar. Bei aller Gelassenheit und Einfachheit hat er etwas Freies und Vernehmes im Wesen; und auf höhere Abstammung mag wohl auch das Scharladreth von Kleid und Barett deuten, das sich vom himmelblauen Grunde wirkungsvoll abhebt. Mag die Farbenwirkung dieses reichen Anzuges noch se prächtig sein, sie läßt dennoch dem Antlig das Uebergewicht. Das, we rurch es wirkt und worin die Schönheit liegt, ist die ungekünstelte Natür lichkeit, mit welcher der Dargestellte sich giebt. Stark tritt die Nase ver, der Mund ist wohlgebildet und voll. Die Augen blicken geraraus, obne, wie es heutige Manier ist, den Beschauer zu suchen. Dadurch bleibt cer Blick gesammelt in sich; und welches Leben in ihm bei aller Rube! Das ist Holbeins Art überall, wo er Bildnisse malt.

Wohl noch etwas früher als die eben genannten Perträte ist ein Gemälde entstanden, das ein eben so interessantes Denkmal in geschichtlicher Hinsicht als in kunstgeschichtlicher ist und sich wohlerhalten und völlig un berührt im Besitz des Banquiers Herrn Paul von Stetten zu Augs. burg befindet. Es verewigt ein merkwürdiges Ereigniß der Augsburger Geschichte, denn es ist ein Votivbile zum Andenken des hingerichteten Bürgermeisters Ulrich Schwarz, einer der interessantesten Persönlichkeiten, welche gegen Ende des 15. Jahrhunderts in der Reichstadt aufgetreten sind. Schwartz, von der Zimmerleute Zunft, war ein Mann aus dem Belte,

*) Künstler und Kunstwecke in England. II. S. 306.

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