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Streben würdigten, ermuthigt und verpflichtet, ein Werk zu unternehmen, welches lediglich in den Verhältnissen begründet ist, in welchen ich zu stehen das Glück habe. Möge es würdig seyn, den Ausdruck der lebendigsten Gefühle meiner ehrfurchtsvollsten Dankbarkeit, die bescheidne Darlegung der Rechenschaft über meine bisherigen Bestrebungen und die heissesten Wünsche für das fernere Wohl einer Anstalt zu enthalten, welche eine der höchsten Zierden des theuern Vaterlandes ist.

EW. EXCELLENZ Gnade mich und mein Wirken unterthänig empfehlend verharre ich in tiefster Ehrfurcht

EW. EXCELLENZ

unterthäniger

Friedrich Adolf Ebert.

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Vorrede.

Nec sane aut nunc me pudeat, aut in posterum unquam pudebit,
dum prodesse multis possum, etiam culpam prodere meam, quam
nec aliis occupationibus, nec festinationi etiam librariorum imputem.
Homo sum.
Egnatius in praef. Script. hist. Aug. Venet. 1516, 8.

Der Titel eines allgemeinen bibliographischen Lexikons ist, sobald ihn der Einzelne seiner

Arbeit Vorsetzt, allemal eine Anmassung. Ich habe mich derselben wissentlich schuldig gemacht, um sowohl die Idee, welche meiner Arbeit zum Grunde liegt, deutlich zu bezeichnen, als auch die Richtung anzugeben, in welcher fortgearbeitet werden muss, wenn künftig ein des obigen Titels wahrhaft würdiges Werk entstehen soll.

Die Bibliographie ist in ihrem weitern Umfange der Codex diplomaticus der Literar - Geschichte, der sicherste Grad- und Höhenmesser der literarischen Cultur und Thätigkeit; nur durch specielle wissenschaftliche, chronologische oder ethnographische Beziehungen, die uns hier nicht kümmern, wird sie zum blossen Addressbuche für besondere Zwecke andrer Art. In obiger Ausdehnung erkennt sie keine andre Grenze an, als diejenige, welche ihr entweder der reine wissenschaftliche Werth oder das historische Interesse der literarischen Productionen aller Zeitalter und Nationen setzt. Was beider entbehrt, kann vielleicht noch ein örtliches oder noch specielleres Interesse haben; aber es gehört der Bibliographie als Wissenschaft nicht mehr an, und es war, auch abgesehen von den unüberwindlichen äussern Hindernissen, unverkennbarer Schwachsinn, wenn einige Gelehrte von einer allgemeinen Bibliographie träumten, in welcher kein Compendium, kein Pamphlet und keine Versesammlung übergangen werden sollte. Eine auf obige Zwecke berechnete und in der angegebnen Beschränkung gearbeitete Bibliographie würde durch blosse Nomenclatur erreicht werden können, zu welcher der Text die Literargeschichte selbst seyn würde, und wir möchten sie eine reine nennen, im Gegensatze einer angewendeten, welche sich erst in späterer Zeit durch die technische Ausbildung eines eigentlichen Bücherwesens entwickelte. Musste nehmlich bei der allgemeiner gewordnen schriftstellerischen Thätigkeit schon die reine Bibliographie allmählich auf Details eingehen, welche sie früher nicht zu beachten brauchte (wir erinnern hier nur an die Kenntniss der verschiednen Ausgaben, insofern diese, zumal bei den alten Classikern, einen Maassstab für den grössern oder geringern Einfluss oder die verschiedne Behandlungsart gewisser Schriften in einzel

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nen Zeiten oder Ländern darbieten), so bereitete die täglich anwachsende Büchermenge eine angewendete Bibliographie desto vollständiger vor, je mehr eben sie dem Gelehrten eine strengere Auswahl nothwendig, und dem Laien, der unterdessen als sammelnder Dilettant aufgetreten war, bequemer machte. Wenn ersterer jetzt auf correctere Drucke oder auf vollständige und unverstümmelte Ausgaben aufmerksamer zu werden begann, so liess sich letzterer bei dieser Auswahl nicht bloss durch den wissenschaftlichen Gehalt oder die Form der Darstellung, sondern zugleich auch in demselben und sehr oft selbst in weit höherm Grade durch Aeusserlichkeiten und Zufälligkeiten bestimmen. Dieser äussere Luxus der Sammler, die durch denselben geweckte Speculation der Drucker und Verleger und grosse öffentliche Bücherverkäufe machten die Bücher zu einer Waare und jene Aeusserlichkeiten zu oft sehr klingenden Motiven des Sammelns von der einen und des Preisses von der andern Seite. Der Inbegriff dieser Rücksichten und Grundsätze des Kaufs und Verkaufs, welche in Holland zuerst förmlich ausgebildet und in Frankreich und England zu der jetzigen Vollständigkeit und Verbindlichkeit gesteigert worden sind, ist eben das, was wir hier angewendete Bibliographie nennen. Der reinen Bibliographie an Allgemeinheit ähnlich, unterscheidet sie sich dadurch von derselben, dass ihre höchsten Gesichtspunkte die Neigungen der Sammler, das wirkliche Gesuchtseyn und der Handelswerth sind. Inwiefern sie dabei zugleich auf das wissenschaftliche oder historische Interesse, wenn gleich nur in untergeordnetem Grade und bloss soweit dasselbe auf den Preis Einfluss hat, Rücksicht nimmt, insofern finden wir den Namen der materiellen Bibliographie, den man ihr bisweilen gegeben, nicht angemessen. Treffender wird man mit letzterer Benennung ihre Methode und Behandlungsart bezeichnen, welche sich dadurch von der blossen Nomenclatur der reinen Bibliographie wesentlich unterscheidet, dass sie die Gründe, aus welchen, und die Bedingungen, unter welchen ein Buch Werth für den Sammler oder Händler hat, vollständig angiebt.

Für die reine Bibliographie im angegebnen Umfange des Worts hat der hochverdiente Conrad Gesner in seiner bibliotheca fast das Einzige geleistet, was wir über sie haben; seine pandectae und die werthlosen Compilationen von Lipenius sind durch ihre Beziehung auf die derzeitige Gestaltung der Wissenschaften und durch ihre auf dieser Gestaltung begründeten Anordnung der Idee einer reinen Bibliographie fremd, und Hamberger's Arbeit ist von viel zu beschränktem Umfange. Die angewandte Bibliographie ist bisher einzig von den Franzosen (zuerst von Debure in der bibliographie instructive) in ihrer ganzen Ausdehnung bearbeitet worden, und Brunet's manuel du libraire ist das im Ganzen brauchbarste und gelungenste Werk, welches man bis jetzt über diesen Zweig der Bibliographie besass. Die Engländer, Italiener und Deutschen können hier, wo bloss von einem Ganzen die Rede ist, nicht genannt werden, weil sie die Bibliographie nur durch Monographieen gefördert oder, was vorzüglich bei den Deutschen der Fall war, mit besonderer Beziehung auf anderweitige Zwecke bearbeitet haben.

In Deutschland, wo es mit alleiniger Ausnahme des Oestreichischen Staates weder Sammler von Profession noch grosse Büchermärkte` giebt, gehört die Bibliographie bloss der eigentlichen Wissenschaft an und wird als deren Magd und Dienerin behandelt. Je sicherer dieser wissenschaftliche Ernst vor den Gefahren schützt, mit welchem eben bei dem Studium der Bibliographie Kleinigkeitskrämerei und Curiositätensucht den Unerfahrnen so leicht umstricken, desto weniger trage ich Bedenken zu gestehen, dass auch meine frühern bibliographischen Studien und Arbeiten zunächst vom wissenschaftlichen Bedürfnisse ausgingen und selbst bei späterer Erweiterung nicht die Grenze des ernstern historischen Interesse überschritten. Auch dann noch, als sich mir bei dem Eintritt in meine ersten bibliothekarischen Verhältnisse das Bedürfniss einer praktischen Bücherkunde, zunächst für den bibliothekarischen Gebrauch, fühlbar aufdrang und wirklicher Gegenstand

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meiner ernstern Thätigkeit wurde, blieb die wissenschaftliche Bedeutsamkeit mein höchster Gesichtspunct. Als aber mein jetziges Amt mich in eine Anstalt einführte, in welcher ich wissenschaftlichen Ernst und reichen Sammlerluxus gepaart fand, welche mir alle von mir vorher nur dem Titel nach gekannten französischen Werke über die Bibliographie darbot und wo ich fast täglich Gelegenheit hatte, die besondern bibliographischen Neigungen und Interessen schaulustiger Fremden zu beobachten, erst da wurde mir es vollkommen klar, dass es eine Bibliographie für die Schule und eine für das Leben gäbe, deren keine der Beihülfe der andern entbehren könne, und es ward nun bei desto eifrigerer Fortsetzung meiner begonnenen Arbeiten mein Vorsatz, einen Versuch zur Vereinigung beider zu wagen. Bereits hatte ich nach diesem neuen und ausgedehntern Plane einige Jahre still fortgearbeitet, als Herr Brockhaus, eben so wenig von meinen Arbeiten, als ich von seinem Vorhaben, etwas wissend, mich durch den Antrag einer Bearbeitung des Brunet für Deutschland in hohem Grade überraschte.

So wie auf diese Art Brunet's Werk zwar die nächste aber nicht die erste Veranlassung zu gegenwärtiger Arbeit wurde, so brachte ich auch zu viele Selbstständigkeit und zu vielen wissenschaftlichen Ernst zu derselben mit, als dass jenes die ausschliessliche Grundlage meines Buchs hätte werden können. Mit aufrichtiger Erkenntlichkeit bekenne ich, dass Brunet in Methode und Form mein Lehrer war und dass ich ihm einen grossen Theil meiner Notizen verdanke; aber es ist nicht Herabsetzung der Verbindlichkeit, welche ich ihm dafür habe, sondern ein nicht minder gerechtes Selbstgefühl, wenn ich mir dagegen den um Vieles ausgedehntern Plan meines Werkes und mit demselben mehr als die Hälfte seines Inhalts als Eigenthum vindicire, und selbst dasjenige, was ich unmittelbar aus Brunet nahm, durch die wesentlichsten Vermehrungen, Berichtigungen und Veränderungen meinem anderweitigen Arbeitsplane so angemessen eingerichtet und in denselben so sorgfältig verwebt zu haben glaube, dass meine eigne Thätigkeit nirgends als eine fragmentarische oder bloss supplementarische erscheinen wird.

Dass Brunet's Plan, sofern durch denselben das im Werke Aufzunehmende bedingt wird, mir auf keine Weise gnügen konnte, geht schon aus dem hervor, was ich oben über die Bedeutung der Bibliographie in Deutschland, fiir welches mein Werk zunächst bestimmt ist, und über meine eigne bibliographische Bildung bemerkt habe. Sein Werk ist lediglich und ausschliesslich der angewendeten Bibliographie gewidmet, und das ⚫ höchste Princip desselben ist wirklicher oder möglicher Werth im Handel auf Pariser Platze. Wie vielseitig auch die Büchergeschäfte seyn mögen, welche dort gemacht werden, so kann es doch nicht fehlen, dass eine so locale Beziehung einerseits die Aufnahme Von Vielem nothwendig macht, was eben einen bloss localen, oft selbst individuellen, ja momentanen Werth und Interesse hat, und dass andrerseits ihr zu Folge Vieles, was für ausländische Sammler von Interesse ist, unerwähnt bleibt, weil es in Paris nicht gesucht oder gefunden wird. Für den deutschen Bearbeiter ging hieraus eine doppelte Verbindlichkeit hervor: einmal, den ursprünglichen Brunet'schen Plan dahin zu erweitern, dass mit Weglassung der vielen bloss dem französischen Sammler (und oft selbst kaum diesem) interessanten Merkwürdigkeiten niedern Ranges in gleichem Maasse auch die bedeutendern Liebhabereien der ausländischen Sammler berücksichtigt wurden; dann aber, die Tendenz des Brunet'schen Werks einer höhern und zwar wissenschaftlich begründeten mit solcher Liberalität unterzuordnen, dass ein und dasselbe Werk mit gleicher Freundlichkeit dem strengen Ernst des Forschers wie den heitern, ja frivolen Launen des Dilettanten begegne, ohne dabei selbst den wissenschaftlichen Ernst zu verläugnen und über aller Vielseitigkeit flach und charakterlos zu werden. Es sollte, so war mein Vorsatz, auf der einen Seite ein vermehrter und verbesserter Brunet, und zugleich auf der andern in seiner Art ungefähr das werden, was ein Allgemeines Gelehrtenlexikon in der seinigen ist.

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Dass ein Plan von dieser Ausdehnung die Kraft des Einzelnen übersteigt, überhob mich darum nicht der Verbindlichkeit, ihn so weit zu verfolgen, als ich nur immer vermochte. Das innerste Bewusstseyn, redlich und rücksichtslos mich meinem Werke seit fünf Jahren im vollen Sinne des Worts aufgeopfert zu haben, beruhigt mich bei dem offenen und aus wahrster Ueberzeugung kommenden Bekenntnisse, dass ich mein Ideal selbst in der Beschränkung noch nicht erreicht habe, innerhalb welcher es selbst von dem Einzelnen wohl zu erreichen ist. Ich begehre gar nicht, durch die bestimmte Bogenzahl (deren Beibehaltung nothwendig war, wenn nicht das Werk den Charakter eines Handbuchs und mit demselben seine allgemeinere Verbreitung verlieren sollte) oder durch den Umstand ent→ schuldigt zu werden, dass mein Versuch der erste in seiner Art und namentlich das erste allgemeinere bibliographische Werk in Deutschland ist. Meine Entschuldigung ist in dem dieser Vorrede vorgesetzten Motto begriffen.

Bei der Beschränkung, welcher ich den strengwissenschaftlichen Theil meines ursprünglichen Plans mit Hinsicht auf die Bogenzahl meines Werkes zu unterwerfen genö→ thigt war, nahm ich hauptsächlich auf dasjenige Rücksicht, was von einem allgemeinern gelehrten Interesse ist, und überging namentlich aus der Facultätsliteratur alles, was in der Geschichte seiner Wissenschaft nur einen untergeordneten Rang einnimmt. Desto mehr bemühte ich mich aber andererseits, diesen Mangel durch unparteiische und gleichmässige Berücksichtigung jeder Nation zu ersetzen, und um wenigstens diesen Wunsch, soweit meine Quellen flossen, möglichst vollständig befriedigen zu können, leistete ich desto lieber Verzicht auf die Aufnahme der in Deutschland seit der Mitte des verflossnen Jahr-hunderts erschienenen wissenschaftlichen Werke, je mehr wir für diese ausser Heinsius alphabetischer Nomenclatur in Herrn Ersch Handbuch der deutschen Literatur ein eignes gediegnes Werk besitzen; doch habe ich ausser demjenigen, was sich auf Bibliographie und die ihr verwandten Wissenschaften bezieht, die ältern und neuern Classiker der Nation, Ausgaben, Uebersetzungen und Erläuterungen der griechischen und römischen Classiker, die bedeutendsten Kupferwerke und einige wichtigere und bändereiche Journale aufnehmen zu müssen geglaubt. Die Literatur der ausserhalb des Bezirks der Facultäten liegenden Wissenschaften ist wegen ihres allgemeinern Interesse reicher gegeben worden. Auf die griechischen und römischen Classiker habe ich eigenthümlichen Fleiss gewendet. Brunet begnügt sich, seinem Zwecke gemäss, nur diejenigen Ausgaben anzuführen, welche eben gesucht werden oder im Preise stehen. Ich dagegen suchte mit diesen Rücksichten diejenigen zu verbinden, welche ich dem eigentlichen Gelehrten schuldig zu seyn glaubte, und nahm daher alle Ausgaben auf, welche in der Geschichte des Texts oder der Erläuterung genannt zu werden verdienen. Die kurzen Charakteristiken, welche ich ihnen beigefügt habe, sind unmittelbar aus der Zusammenstellung und Vergleichung der Vorreden der einzelnen Editoren geschöpft, nie aber und in keinem Falle aus Handbüchern abgeschrieben. Die Principes habe ich nach der sorgfältigsten Prüfung und Vergleichung der besten Beschreibungen derselben, zum Theil auch aus eigner Ansicht, mit solcher Gewissenhaftigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit beschrieben, dass ich in dieser Hinsicht allen billigen Forderungen Gnüge geleistet zu haben glaube. Einige Ausgaben, welche entweder blosse Abdrücke des Texts enthalten oder ohne sonderlichen innern Werth sind, würde ich gern weggelassen haben, wenn sie nicht wegen ihres Aeussern oder weil sie zu einer Suite gehören, im Auslande geschätzt und gesucht würden; andre habe ich aufgenommen, weil sie bisher entweder allgemein unbekannt oder unrichtig beschrieben worden waren, und ich durch ihre genauere Angabe Lücken anderer bibliographischen Werke ausfüllte. Aus letzterm Grunde habe ich auch kritische und exegetische Bemerkungen über die alten Classiker im classical journal und ähnlichen neueren Sammlungen nachgewiesen, ob ich gleich auf die in ältern Sammlungen vorkommenden wenig

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