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Antworten derselben fielen meist im Sinne der Kaiserin aus.1) Namentlich die Frage, ob die im Auslande befindlichen russischen Truppen durch ihr ferneres Verbleiben in Westeuropa die diplomatische Action Rußlands unterstüßen oder heimkehren sollten, beschäftigte die Kaiserin und deren Minister. Fast Alle befürworteten ein ferneres Verbleiben der Armee im Auslande; Golizyn hob hervor, daß man nach wie vor darauf bedacht bleiben müsse die von Preußen her allen Nachbarn drohende Gefahr zu mindern. Indessen entschied die Kaiserin, daß die Armee zurückberufen, zugleich aber der König von Preußen zum Abschluß eines Friedens mit Oesterreich und Sachsen vermocht werde. Es zeigte sich, daß die Entfernung der russischen Truppen die Aussicht auf einen Erfolg der russischen diplomatischen Action verringerte. Katharina sprach in einem Rescript an den Fürsten Repnin ihre Unzufriedenheit darüber aus, daß der König geneigt scheine den Krieg fortzusehen: es handle sich darum die Absichten des Königs in Erfahrung zu bringen. Repnin erhielt den Auftrag erforderlichenfalls den König empfinden zu lassen, daß Katharina Desterreichs Interessen zu unterstüßen bereit sein dürfte.

Repnin begann nun dem Könige vorzustellen, er solle Sachsen räumen. In dem Maße, als er eine derartige Pression auszuüben versuchte, wurde der russische Diplomat von dem Könige immer kälter und kälter behandelt, so daß er die Kaiserin um die Erlaubniß bat, nach Berlin reisen zu dürfen, um sich nicht etwaigen Kränkungen auszusehen. Insbesondere die Idee eines Congresses wies Friedrich sehr energisch zurück. Es traten Momente der Verstimmung ein. Repnin erhielt immer entschiedener die Instruction mit einer Erkaltung der Freundschaft Katharinas zu drohen. Sie selbst entwarf die Vorschriften, denen entsprechend Repnin verfahren sollte. Der Fürst schrieb: Ich zweifle daran, daß der König zum Nachgeben zu veranlassen sein werde, wenn man ihn nicht mit Waffengewalt dazu zwingt". Wiederholt bedauerte Repnin, daß die Entfernung der russischen Truppen den König in die Lage versezt habe so zäh an seinem Stücke festzuhalten. 2)

Ende November hatte Repnin eine Unterredung mit dem preußischen Minister Finkenstein, in welcher der russische Gesandte u. A. darauf hinwies, daß Sachsen, dem allgemeinen Rechte entsprechend, für seine Verluste im Kriege durch Preußen entschädigt werden müsse. Finkenstein gerieth außer Fassung: daß nun auch gar davon gesprochen würde, während doch Sachsen an dem Kriege schuld sei. Der preußische Minister sprach mit zitternder Stimme, bebte vor Aufregung, berichtete Repnin.) Die Situation konnte sehr peinlich werden. Friedrich hatte Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, daß eine Intervention Rußlands beim Friedensschlusse ihm nicht allzugroße

1) S. u. A. Wolkonskijs Antworten in dem „Achtzehnten Jahrhundert“ I, 80-82. 2) Ssolowjew XXV, 196-198. 3) Ssolowjew XXV, 199. Der Anspruch, daß Sachsen entschädigt werden müsse, hing mit Katharinas Plänen in Betreff Kurlands zusammen. S. d. folgende Kapitel.

Vortheile in Aussicht stelle. Er mußte daran denken möglichst rasch ohne Vermittelung der Kaiserin mit seinen Feinden ein Abkommen zu treffen.

Von dem größten Interesse sind unter diesen Umständen die Schreiben, welche Katharina und Friedrich gegen das Ende des Jahres wechselten. Hier zeigt sich wieder einmal, welch großes diplomatisches Talent beiden Herrschern innewohnte und wie ein directer brieflicher Verkehr zu rascheren Ergebnissen führen mußte, als die Verhandlungen, welche eben zwischen dem Fürsten Repnin und dem Minister Finkenstein gepflogen wurden.

Katharina schrieb am 17/28. November aus Moskau, wo sie seit der Krönung weilte, sie wolle ganz offen sein, wie es die Freundespflicht erheische und müsse ihrem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß das Ziel, welches sie verfolge der Frieden immer noch nicht erreicht sei indem der König nicht auf ihre Vorschläge eingehe. Sie wies darauf hin, wie die Nichtübereinstimmung zwischen ihr und dem Könige manchen Gegnern beider zur Freude gereiche, während sie, ihrerseits, Alles aus dem Wege zu räumen trachte, was die Harmonie stören könne; dabei sei aber vor Allem die Beendigung des Krieges erforderlich; ob es denn nicht möglich sei, endlich Frieden zu machen? Ferner weist die Kaiserin darauf hin, wie sie die Mittel gehabt habe, ganz anders zu handeln, wie sie auch jezt noch die Mittel habe, eine ganz andere Politik einzuschlagen, statt, wie bisher, ihrer Friedensliebe Opfer zu bringen. Das Schreiben schließt mit einer Drohung: „Ich weiß," bemerkt die Kaiserin, ,,daß der Wiener Hof den Frieden will. Ich könnte Ew. Majestät noch mancherlei Eröffnungen darüber machen, wenn ich ein Gleiches von Ihnen erwarten dürfte, aber unglücklicherweise haben Sie eine ablehnende Haltung behauptet und ich fürchte fast, daß meine Absichten scheitern werden und daß ich mich zu Maßregeln genöthigt sehen werde, welche meinen Wünschen und Neigungen und insbesondere meinen Freundschaftsgefühlen für Sie widersprechen". 1)

In seiner Antwort vom 22. December aus Leipzig bemerkt der König, Katharina habe ihm mit ihrem Schreiben das größte Vergnügen von der Welt bereitet; er antworte mit gleicher Offenheit; er wisse wohl, daß es Großbritannien sei, welches ihm Mangel an Friedensliebe vorwerfe und ihn zu einem unvortheilhaften Friedensschlusse drängen wolle; nachdem die Zahl seiner Gegner sehr groß gewesen sei, ohne ihn zu einem schimpflichen Frieden nöthigen zu können, hoffe er, daß jezt, wo Maria Theresia isolirt dastehe, sie mehr Mäßigung an den Tag legen werde; Katharina möge selbst entscheiden, wer mehr Friedensliebe zeige, der Desterreicher, welcher Eroberungen machen oder der Preuße, welcher nur dasjenige zurückerhalten wolle, was ihm früher gehörte? Katharina habe, fährt der König fort, zuerst erklärt, daß sie sich in den Krieg nicht einmischen werde; seitdem habe er, der König, eine Reihe von Vortheilen errungen; jezt sei Manches in der Schwebe und daher habe

1) Je crains bien qu'enfin mes meilleurs intentions n'échouent et que je ne sois entrainée à des vues très-contraires à mes souhaits et inclinations ainsi qu'aux sentiments très-sincères etc.

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Nach dem Schwarzkunstblatt von James Walker; Originalgemälde von Joh. Bapt. Campi.

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